Ein TU-Projekt zeigt, dass Flugzeugteile aus Metall, die im 3D-Drucker entstehen, viel leichter sind und schneller gefertigt werden können als herkömmlich hergestellte. Sie helfen, Kerosin einzusparen und den CO2-Abdruck von Flugzeugen zu verringern.
Auf den ersten Blick wird nicht deutlich, worum es sich bei diesem Werkstück handelt: Es ist rund, zu beiden Seiten offen und auf der Oberfläche befinden sich viele Löcher. Das Besondere an dem kuriosen Stück ist, dass es sich um ein im 3D-Drucker gefertigtes Metallteil handelt, das einen Durchmesser von etwa einem Meter aufweist. „Es ist ein Teil einer Flugzeugturbine“, löst Dirk Herzog das Rätsel. „Und zwar ist es eines der größten Einzelteile, die bisher mittels eines Laserverfahrens additiv, also per 3D-Druck, hergestellt wurden“, erklärt der Ingenieur, der das Projekt für das TU-Institut für Laser- und Anlagensystemtechnik verantwortet. Doch nicht nur die Größe erstaunt: „Die Umstellung von konventionellem Guss auf das additive Verfahren reduziert Kosten und Gewicht um 30 Prozent. Und das bedeutet, dass durch seinen Einsatz wertvolles Kerosin und damit CO2 eingespart werden kann.“
Runter mit den Emissionen
Es ist ein wichtiger Schritt für die Luftfahrt, die Vorgaben des Green Deal der EU einzuhalten. Er sieht vor, dass die Verkehrsemissionen bis 2050 um 90 Prozent sinken sollen gegenüber dem Stand von 1990. Und dazu soll der Luftfahrtsektor seinen Teil beitragen. Eine Forschungsinitiative zur Entwicklung von treibstoffeffizienten Luftverkehrstechnologien war das von der Europäischen Kommission und der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie finanzierte Programm Clean Sky 2. Hieraus ging 2018 das MOnACO-Projekt hervor. Neben der TU Hamburg, die den Druckprozess erforscht hat, sind als Projektpartner das Unternehmen Autodesk beteiligt, das sich um die Optimierung des Designs kümmert, sowie die TU Dresden. Ihre Experten bauen einen Versuchsstand mit hochmodernen Instrumenten, mit der sie die Strömungsdaten nach der Produktion validieren und messen. Das Konsortium arbeitet dabei eng mit dem Triebwerksbauer GE Aerospace in München zusammen.
Grundsätzlich bestehen im Flugzeugbau besonders strenge Anforderungen. Das gilt auch für die Teilezulieferer und führt zu langen Vorlaufzeiten und hohen Kosten. Diese Herausforderungen und die Tatsache, dass es sich bei einem Turbinenzwischengehäuse nicht um ein rotierendes Teil handelt, machten es zu einem idealen Kandidaten für die additive Fertigung. Das Team um Dirk Herzog, das für den 3D-Druck mit dem Fraunhofer IAPT in Bergedorf zusammenarbeitet, ermöglicht die Fertigung in einem Stück, sodass am Ende nicht mehr – wie sonst üblich – 150 einzelne Teile zusammengefügt werden müssen. Dadurch reduziert sich für den Hersteller die Durchlaufzeit von neun auf zweieinhalb Monate.
Mikrometerdünne Schichten
Der Druck selbst erfolgt in einem abgeschotteten großen Behälter: „In einer Schicht aus Metallpulver, in diesem Fall eine Nickellegierung, verschmilzt ein Laserstrahl bei über 1.000 Grad Celsius die einzelnen Teile des Pulvers“, erklärt Ingenieur Herzog. „Die Schicht ist nur 60 Mikrometer dünn und senkt sich nach dem Vorgang ab. Das Metallpulver wird wieder gleichmäßig verteilt und die Laserbelichtung lässt die nächste Schicht entstehen.“ Unzählige Male wiederholt sich das Geschehen, bis das Turbinenteil nach etlichen Tagen Bauzeit fertig gedruckt ist. „Ein wesentlicher Vorteil der additiven Fertigung ist die Freiheit im Design. Je nach Vorgabe lässt es sich jederzeit anpassen und umstellen. Luftdurchlässe, Kurven, Kanäle oder Gitterstrukturen, alles ist möglich. Zu Beginn des Projekts haben wir vor allem probiert, wie weit wir die Wanddicke reduzieren können, um möglichst viel Gewicht einzusparen“, erklärt Herzog.
Das verwendete Verfahren ist nicht auf die Luftfahrt beschränkt. Es wird schon länger beispielsweise für medizinische Implantate eingesetzt. Aber in der Luft- und Raumfahrt sind die finanziellen Vorteile der Gewichtsreduktion am größten. Das zeigt eine einfache „Pi-mal-Daumen"-Regel, nach der es heißt, dass in der Luftfahrt 1 Kilo eingespartes Gewicht Treibstoffkosten in Höhe von 1.000 Euro einsparen kann. Das entspricht über die Lebensdauer eines Flugzeugs gesehen etwa 25 Tonnen CO2. Also wesentlich mehr als in der Automobilindustrie, wo man wegen höherer Stückzahlen ganz anders kalkuliert: Hier müssen schon 100 Kilo eingespart werden, um denselben Kosteneffekt zu erzielen. Seitdem die Energiekosten auf breiter Front gestiegen sind, dürften sich Gewichtsreduzierungen finanziell noch stärker auswirken. Herzog erklärt: „Das ist auch der Grund, weshalb solche Projekte häufig zunächst für die Luft- und Raumfahrtindustrie getestet werden. Bereits heute hat sich der 3D-Druck für einzelne, kleinere Triebwerksbauteile wie beispielsweise Einspritzdüsen etabliert. Aber vielleicht werden künftig auch die gedruckten Großbauteile standardmäßig in Flugzeugen eingebaut.“
Das MOnACO-Projekt besteht aus einem Konsortium aus der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der Technischen Universität Dresden (TUD) und dem Technologieunternehmen Autodesk. Es unterstützt General Electric AAT München bei der Entwicklung und Herstellung eines großen additiv gefertigten Metallbauteils - dem Advanced Additive Integrated Turbine Centre Frame (TCF).