Alternative Kraftstoffe wie grünes Methanol sind CO2-neutral und können dafür sorgen, dass die Klimaziele in der Schifffahrt eingehalten werden. Ein TU-Verbundprojekt erforscht die Praxistauglichkeit im Detail.
Ob Tanker, Container- oder Kreuzfahrtschiff: Bislang ist es so, dass die gewerbliche Schifffahrt mit fossilem und meist schadstoffbelastetem Schweröl unterwegs ist. Das schädigt die Umwelt und vor allem das Klima. Durch den Einsatz von Abgasreinigungssystemen wie Scrubbern oder Katalysatoren lassen sich Schwefel-, Stickoxid- oder Rußemissionen an Bord von Schiffen bereits heute wirkungsvoll minimieren. Um die Klimaziele im Verkehrssektor zu erreichen, müssen auch die klimaschädlichen Emissionen wie CO2 deutlich gesenkt werden. Es werden also auf Schiffen klimaneutrale Energieträger gebraucht. Diese Energieträger könnten mittels Power-to-X-Verfahren entstehen. Das sind Wege, verschiedene synthetische Kraftstoffe herzustellen, die in der Gesamtbilanz CO2-neutral auftreten, da der Kohlenstoff zuvor für die Synthese aus der Atmosphäre entnommen wurde. Im Verbundforschungsprojekt E2-Fuels untersucht die Arbeitsgruppe Schiffsmaschinenbau den Einsatz von Methanol und Oxymethylenether (OME) als maritime Kraftstoffe. Dabei liegt der Fokus sowohl auf der landseitig notwenigen Hafeninfrastruktur und der Bunkerschnittstelle, als auch auf dem Kraftstoffsystem an Bord.
Erneuerbarer und synthetischer Kraftstoff
Thilo Jürgens-Tatje betreut im Schiffsmaschinenbau das Projekt E2-Fuels. Er möchte gerne daran mitwirken, weg vom Diesel oder fossilem Gas und hin zu klimaneutralen Antriebsstoffen zu kommen, die sich für den praktischen Einsatz an Bord eignen. „Eine Elektrifizierung wie bei Autos ist häufig nicht möglich, zu groß und zu schwer wären entsprechende Batterien. Ausnahmen könnten nur kleinere Fähren sein, die auf geringen Distanzen eingesetzt werden. Daher benötigt man als Ausgangsstoff Wasserstoff, der aus regenerativem Strom aus Wind und Sonne erzeugt wird“, erklärt der Wissenschaftler. Doch die Nutzung von Wasserstoff als Schiffskraftstoff bringt einige Nachteile mit sich. So werden für die Speicherung extreme Drücke oder Temperaturen nahe des absoluten Nullpunkts von minus 273 Grad benötigt. Deshalb ist noch ein Umwandlungsschritt zu einem mobilen synthetischen Kraftstoff nötig. Diese Verfahren nennt man Power-to-X. Im kleinen Stil wird Methanol bereits seit längerem als Schiffskraftstoff eingesetzt. Etwa auf Tankern oder Fähren. Es handelt sich dabei um einen flüssigen Alkohol, der gut transportiert werden kann. Und eine weitere positive Eigenschaft aufweist: Im Falle einer Havarie ist kein gefährlicher Ölteppich zu befürchten, das Methanol löst sich einfach im Wasser. Als würde man eine Flasche Schnaps in die volle Badewanne kippen. Aber es gibt natürlich einen Haken: Für die Herstellung ist CO2 nötig, das bei der Verbrennung des Methanols im Motor auch wieder freigesetzt wird. Das ist im Prinzip kein Problem, Zementwerke oder Müllverbrennungsanlagen stoßen ohnehin viel von dem ungeliebten Gas aus. Jürgens-Tatje hat aber das Ziel, den gesamten Prozess klimaneutral zu gestalten. „Man könnte CO2 aus Biogasanlagen verwenden. Somit stünde dem Kreislaufsystem nichts mehr im Weg.
Die große Herausforderung ist es, genügend Methanol aus grünem Wasserstoff beziehungsweise grünem Strom zu produzieren. Um den ganzen Prozess wirtschaftlich zu betreiben, setzt man inzwischen auf Wasserstoff, der mit Hilfe von Sonnenenergie in Äquatornähe produziert und per Schiff zu uns gebracht wird“, erläutert der Schiffbauer. „Strom ist bei uns auf lange Sicht einfach zu kostbar. Dennoch brauchen wir Pilotanlagen auch in Europa, um das Henne-Ei-Problem zu lösen“.
Aber wie kommt der Sprit an Bord? Auch dafür haben die TU-Wissenschaftler eine Lösung entwickelt: „Tankterminals, bei denen sich Container- oder Kreuzfahrtschiffe den Kraftstoff abholen, sind nicht praktikabel. Das dauert einfach zu lange. So untersuchte man das heutige Betankungssystem, bei dem sogenannte Bunkerschiffe dafür sorgen, dass die benötigten Dieselkraftstoffe von großen Tankanlagen an Land zu den jeweiligen Schiffen transportiert werden. Die eigentliche Betankung findet dann „Ship-to-ship“ statt, während das Schiff Ladung aufnimmt oder abgibt. „Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Umrüstung eines konventionellen Bunkerschiffes technisch und ökonomisch darstellbar ist. Auch für ein Tanklager an Land gibt es Flächen im Hafen, die sich hervorragend eignen“, so Jürgens-Tatje.
Der Trick mit der Zündung
Heutige Dieselmotoren müssen für die Nutzung von Methanol angepasst werden. Denn Methanol muss wie Benzin gezündet werden, damit es verbrennen kann. Im Gegensatz zu Diesel, der sich, wird er entsprechend komprimiert, selbst entzündet. „Bei großen Schiffsmotoren kann die Zündung jedoch nicht wie im KFZ-Motor über eine Zündkerze erfolgen. Stattdessen wird im richtigen Moment eine kleine Menge Diesel mit einem Injektor eingespritzt um das Methanol zu entzünden.“ sagt Betreuer Jürgens-Tatje. Einen hierfür konzipierten Injektor hat Projektpartner MAN an einem Versuchsmotor untersucht. „Das ist ein Durchbruch. Bald können konventionelle Dieselmotoren relativ einfach umgerüstet werden, so dass diese auch mit Methanol betrieben werden können“, erklärt der TU-Wissenschaftler. Und so könnte sich Methanol als Energieträger durchsetzen. Die dänische Großreederei Maersk macht es vor: Dort hat man bereits 12 neue Containerschiffe mit Methanolantrieb bestellt.