Am Institut für Flugzeug-Produktionstechnik (IFPT) wird ein KI-Algorithmus entwickelt, der die Packungsdichte von Luftfracht optimal konfiguriert.
Erinnern Sie sich noch an Tetris – ein Computerspiel, bei dem man bunte herabfallende geometrische Formen passgenau aufeinander bauen musste? Nach diesem Prinzip werden auch Containerschiffe oder Frachtflugzeuge beladen. Die Packeinheit für die Flugzeuge heißt ULD (Unit Load Device). Dabei handelt es sich um etwa zwei mal drei Meter große Paletten oder Container, auf und in denen Gepäck, Frachtgut oder Post in Großraumflugzeugen verstaut wird. Diese Packstruktur zu optimieren, das hat sich Felix Geiger vom Institut für Flugzeug-Produktionstechnik (IFPT) vorgenommen. Je enger die ULD gepackt werden können und je weniger Platz zwischen ihnen verbleibt, desto besser kann die Kapazität eines Flugzeugs ausgenutzt werden: „Das ist praktisch, weil dann mehr Waren transportiert werden können und die Maschinen weniger häufig fliegen müssen und Kerosin einsparen können“, sagt Felix Geiger. „Eine passende Software, schnelle Datenverarbeitungsgeschwindigkeit mithilfe des Maschinellen Learning hilft uns dabei.“
2023 wurden knapp 58 Millionen Tonnen Luftfracht mit Flugzeugen weltweit transportiert. Aber es könnte noch mehr sein, wenn man die Flugzeuge intelligenter bepackt und keinen Platz an Bord verschwendet. Ein Flieger kann rund 100 Tonnen Gepäck mit an Bord nehmen. Allein im vergangenen September starteten am Flughafen Frankfurt fast 40.000 Maschinen, um ihre gewerbliche Fracht weltweit zu verteilen. Da kommt einiges zusammen.
Alle Flughäfen gehen bei der Verladung nach demselben Prinzip vor: Die ankommende Fracht wird auf Gefahrenstoffe gescannt und in einer Verpackungsstation gelagert. Dort wird beispielsweise auch geprüft, dass nichts über den Rand der ULD hinausragt. „Idealerweise wird die Ladung an die ovale Flugzeugform angepasst“, erklärt Geiger. Diese Aufgabe übernimmt der Ladungsmeister, der die einzelnen Frachtstücke an ihren Ort auf der ULD dirigiert. Die Gefahr dabei ist nicht nur, dass die Fläche nicht gut ausgenutzt wird, es muss darauf geachtet werden, den idealen Schwerpunkt zu finden. „Hierbei kommt es häufig zu Verzögerungen, weil die Frachtpläne ungenau sind und dann spontan umgeplant werden muss.“
Im Bereich der Luftfahrtlogistik kommen bis heute noch manuelle Prozesse zum Einsatz, um Paletten für Frachtflugzeuge zusammen zu stellen. Hierbei müssen Arbeitnehmer unter Zeitdruck und sich verändernder Frachtlage eine möglichst optimale Beladungskonfiguration finden. Zu berücksichtigende Parameter sind hierbei die dichteste Packung, Gewichtsverteilung, keine Beschädigungen zu verursachen und fristgerecht alle Frachtstücke bearbeitet zu haben. Die Zeit ist ein entscheidender Faktor, weswegen Optimierungspotenziale vom einzelnen Menschen nicht ausgeschöpft werden können.
„Um die genannten Nachteile vermeiden und mit vorhandenen Informationen bessere Berechnungen anzustellen, haben wir einen KI-Algorithmus entwickelt“, so der Ingenieur und Logistiker Geiger. Der Algorithmus schafft es, Muster zu erkennen und reagiert darauf. Die KI überlässt nichts dem Zufall: Selbst kleinere Faktoren wie Größe und Gewicht von Packfolien oder Transportnetzen werden von ihr berücksichtigt und am Ende sind die Positionen aller ULDs bekannt.
Der Datenverarbeitung kommt dabei eine besondere Rolle zu: Zum einen soll Maschinelles Lernen dazu genutzt werden, eine dichtere Packungsstruktur unter gegebenen Randbedingungen des genutzten Flugzeuges und die gesamte Fracht zu identifizieren. Zum anderen ist dem IFPT ein prominentes Problem in der KI-Forschung begegnet: Die Datenverfügbarkeit. Hierfür sollen reale Umgebungen simuliert werden, um Trainingsdaten für modernste KI-Anwendungen zu erzeugt und so Möglichkeiten zu schaffen, die ansonsten nur schwer zu erstellenden Daten zu erzeugen. Diese sollen dazu genutzt werden, in Bereichen, wo analytische Verfahren in der Verarbeitung von Sensorwerten an ihre Grenzen stoßen, durch stochastische Methoden die Auswertung zusätzlich zu verbessern.
Bislang testen Felix Geiger und sein Team den Algorithmus nur virtuell am Rechner. Es gibt jedoch schon die Idee für eine Verpackungsstation, an der die Software am Ende beweisen kann. Ein Zufallsgenerator wird die Packstücke zur Verfügung stellen und es wird sich zeigen, ob alle ihren optimalen Platz auf der ULD finden. Eine noch weitergehende Idee existiert bereits: „In einem Nachfolgeprojekt möchten wir unsere Software so einsetzen, dass ein ganzes Flugzeug von ihr optimal bepackt wird“, hofft IFPT-Wissenschaftler Geiger.
Mehr zum Projekt eCargo erfahren Sie auf der Webseite des Instituts für Flugzeug-Produktionstechnik