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Containerschifffahrt sicherer machen

Forscher*innen: Prof. Dr. Sören Ehlers, Dr. Franz von Bock und Polach

Institut für Konstruktion und Festigkeit von Schiffen

Containerschiffe, die einen Teil ihrer Fracht verlieren, erleiden nicht nur einen wirtschaftlichen Verlust, jede Havarie führt zu großen ökologischen Schäden. Das Projekt „TopTier“ untersucht, wie Ladungen bei Extremwetter besser geschützt werden können.

Wer schon einmal ein beladenes Containerschiff aus der Nähe betrachten konnte, ist wahrscheinlich beeindruckt von seiner Größe. Bis in den Himmel stapeln sich bis zu 25.000 Stück dieser Stahlboxen auf Deck. Die meisten von ihnen werden ohne Zwischenfall über die Weltmeere transportiert. Doch bei schwerer See kann es vorkommen, dass die Ladung verrutscht und Container über Bord gehen. Sie werden in TEU gemessen, wobei ein TEU einem 20-Fuß-Container entspricht ­– also etwa sieben Meter lang ist. Das World Shipping Council, eine Interessenvertretung der Reedereien, gab für das Jahr 2020 einen Verlust von 1.400 TEU an. Doch die Zahlen steigen, allein von Oktober 2020 bis März 2021 gingen mehr als 2.500 Container über Bord. Im November 2020 verlor das Containerschiff ONE Apus alleine 1.816 Container und im Januar 2021 beklagte die Maersk Essen einen Schwund von 750 der Metallboxen. Das führt nicht nur zu ökologischen und ökonomischen Schäden, im Wasser treibende Container stellen zusätzlich eine Kollisionsgefahr dar. Die TU Hamburg ist mit ihrem Institut für Konstruktion und Festigkeit von Schiffen mit Versuchen am Industrieprojekt „TopTier“ beteiligt. Ziel des Projektes ist es, die Wahrscheinlichkeit des Verlusts von Containern auf See zu verringern und Verbesserungen der Schiffssicherheit für das kommende Jahrzehnt zu ermitteln.

Schifffahrt: Diskussion über Sicherheit und Umweltauswirkungen

„Der Containertransport ist für die moderne Weltwirtschaft unverzichtbar. Obwohl die Unfallraten prozentual gesehen extrem niedrig sind, sind die absoluten Zahlen zu hoch. Jährlich gehen mindestens 1.000 Container auf See verloren, und bei Umschlagvorgängen kommen viele Menschen zu Schaden“, erklärt der TU-Projektverantwortliche Prof. Sören Ehlers. In der Vergangenheit kam es bereits zu schweren Schäden an der Meeresumwelt der Küsten. Das hat in der Öffentlichkeit und in der Politik zu Diskussionen über die Sicherheit und die Umweltauswirkungen moderner Containerschiffe geführt – sodass inzwischen sowohl die Politik als auch die Industrie gefordert sind, auf mögliche Probleme bei der Containersicherung zu reagieren.

Doch wieso ist es überhaupt so schwer, die Container auf den Schiffen ausreichend zu sichern? Die Antwort liegt im Bau der Schiffe. Sie sind in den letzten Jahren immer größer geworden, um mehr Fracht aufnehmen zu können. Die Erfahrungen mit neuen Schiffsgrößen, ihren Betriebsbedingungen und Belastungsmechanismen sind deshalb noch begrenzt und im Falle von Extremereignissen wie besonders schlechtem Wetter auf See erhöhen sich diese Unsicherheiten. „Derzeitige Grenzwerte decken nicht alle Faktoren ab, die bei den neuesten Klassen von ultragroßen Containerschiffen eine Rolle spielen. Ein besseres Verständnis dieser Bedingungen und Wirkmechanismen ist daher notwendig“, so Schiffbauexperte Ehlers.

Beladungen der Containerschiffe und Wellenbewegungen messen

Das TopTier-Projekt ist in mehrere Aufgaben gegliedert. Zunächst geht es darum, die 2020 identifizierten wichtigsten Aspekte der Ladungsstauung und -sicherung auf Containerschiffen zu identifizieren und sie mithilfe von Interviews und Fragebögen mit beispielsweise Reedereien, Schiffsbesatzungen und Terminalarbeitern zu überprüfen. „Anschließend konzentrieren wir uns auf die Frage, wie mit der derzeitigen Praxis der Ladungssicherung umzugehen ist. Hierzu hat der Projektkoordinator MARIN die Schiffe im Wellenkanal getestet und die Schiffsbewegungen gemessen. Aus diesen Daten lässt sich ableiten, wie Größe, Ladung und Beladungszustand unter bestimmten Wellenbedingungen reagieren“, erklärt Prof. Ehlers die einzelnen Kriterien. Im weiteren Projektverlauf wird es besonders spannend: Die Forschenden wollen herausfinden, wie es dazu kommt, dass Container verrutschen. Dafür untersuchen sie die Schiffsbewegungen; insbesondere die horizontale Biegung und Torsion, eine schraubenförmige Verdrehung. Diese Effekte werden durch eine Kombination aus Messungen, Modellversuchen und numerischen Studien geprüft. Schließlich spielt auch das Verhalten der Schiffsbesatzungen eine Rolle. Ideal wäre es, wenn sie aktiv Zwischenfälle verhindern können. Die Ergebnisse des Projekts werden an die zuständigen Schifffahrts-Behörden weitergeleitet und dort für alle Beteiligten umgesetzt – damit weiterhin gleiche und sichere Spielregeln sowohl auf See als auch an Land gelten.

Das internationale Projekt wird vom niederländischen Forschungsinstitut MARIN geleitet. Weitere Informationen finden Sie unter https://www.marin.nl/en/jips/toptier.