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Fliegen ohne CO2-Abdruck

UN Nachhaltigkeitsziele 9 und 13

Forschende: Prof. Frank Thielecke, Thimo Bielsky, Vivian Kriewall

Institut für Flugzeug-Systemtechnik (FST)

Flugzeuge, die mit Wasserstoff und Brennstoffzellen betrieben werden, könnten dazu beitragen, die Klimaziele einzuhalten. Denn sie produzieren keinerlei Treibhausgase, es wird lediglich Wasser ausgeschieden.

Fliegen könnte so schön sein, wenn nur der CO2-Ausstoß nicht wäre. Für die Zukunft gibt es viele neue Ideen, wie das Fliegen klimagerechter gestaltet werden könnte. Ein vielversprechender Ansatz ist, statt wie bisher Kerosin, Wasserstoff als Kraftstoff zu verwenden. Damit würden dann an Bord installierte Brennstoffzellen betrieben. Deren Aufgabe ist es, elektrische Leistung in Form von Strom zu erzeugen. Das funktioniert so, dass Elektromotoren Propeller für die Schuberzeugung antreiben. Innerhalb dieses Prozesses und während des Flugs fallen keine Kohlendioxid- und Stickoxid-Emissionen an, es entsteht ausschließlich Wasser.

Das Institut für Flugzeug-Systemtechnik (FST) der Technischen Universität Hamburg arbeitet derzeit an verschiedenen solcher klimaneutralen Luftfahrtforschungsprojekte. In Kooperation mit ihren Partnern erarbeiten die Ingenieurinnen und Ingenieure Konzepte und Technologiebausteine, die zu tragfähigen Wasserstoff-Konzeptflugzeugen führen sollen. Zwei von ihnen sind Thimo Bielsky und Vivian Kriewall. Sie erforschen mit den Partnern Airbus und dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) elektrisches Fliegen. „Dafür haben wir die Gesamtsystemarchitektur für ein voll-elektrisches Passagierflugzeug entworfen und das Zusammenspiel aller relevanten Einzelsysteme untersucht und virtuell erprobt“, beschreibt Ingenieur Thimo Bielsky das Projekt.

Klimaneutrales Fliegen für 70 Passagiere

Das Konzeptflugzeug selbst wurde vom DLR entwickelt und entspricht einem Regionalflugzeug, das über eine Design-Reichweite von rund 1000 nautischen Meilen verfügt. Das entspricht 1.852 Kilometern. Mit dieser Reichweite können fast alle derzeitigen Einsätze der Maschine abgedeckt werden, die etwa 70 Passagiere befördern kann. Das Konzeptflugzeug besitzt insgesamt zehn Antriebseinheiten, sogenannte „Pods“, die jeweils Brennstoffzellen, Puffer-Batterien sowie den elektrischen Antriebsstrang beinhalten. Jede Antriebseinheit kann eine Leistung von circa 400 Kilowatt erzeugen. So viel ist nötig, um ein Elektroauto in drei Minuten für eine Reichweite von 100 Kilometern aufzuladen. Den Hauptunterschied in der Konstruktion zu einem konventionellen Flugzeug erklärt Vivian Kriewall: „Die Wasserstofftanks sind nicht in den Flügeln, sondern im Heck des Flugzeugs untergebracht. Um deshalb nicht zu viel Platz zu verlieren, wird der Rumpf des Flugzeugs breiter gestaltet und die Kabine verkürzt“.

Wasserstoff ist ein idealer Energielieferant, aber in seiner natürlichen Form verfügt das Gas über eine vergleichsweise geringe Dichte und benötigt viel Volumen, wenn man es speichert. Um die erforderliche Antriebsenergie zur Verfügung zu stellen, würden die Drucktanks bei einer Speicherung des Gases so viel Raum benötigten wie ein zweiter Flugzeugrumpf. Deshalb behelfen sich die Wissenschaftler mit einem Kniff und kühlen den Wasserstoff im Konzeptflugzeug als Flüssigwasserstoff in vakuumisolierten Tanks auf -253 °C herunter. Dadurch braucht man viel weniger Volumen.

Das Flugzeug wird schwerer, aber effizienter

„In einem nächsten Schritt positionieren wir die Komponenten im Flugzeug und verbinden sie mit Wasserstoffrohren, Hydraulikleitungen, Luftschächten oder elektrischen Kabeln“, erklärt Thimo Bielsky. Die Wissenschaftler führen verschiedene Studien durch: Sie können zum Beispiel Parameter wie die Anzahl der Komponenten, ihre Position, ein Druckniveau oder ein elektrisches Spannungsniveau verändern. Das Ziel dabei ist, den Einfluss auf die Systeme selbst aber auch auf Gesamtflugzeugebene zu bewerten. Bei dem Wasserstoffkonzeptflugzeug wurden vor allem Studien in Bezug auf die Energieversorgung im Flugzeug durchgeführt. So wurde untersucht, ob die Brennstoffzellen mit den Batterien in den Pods ausreichen oder, ob Systeme für die Versorgung der Bordsysteme in einem Notfall – die Wasserstoffversorgung fiele aus – erforderlich sind. „Im Vergleich zum herkömmlichen Flugzeug würde das Wasserstoffkonzeptflugzeug um circa fünf Tonnen schwerer werden“, hat Vivian Kriewall ausgerechnet. „Dafür steigt die Gesamteffizienz aber durch die Brennstoffzellen und Batterien um rund 30 Prozent an, weil ihr Wirkungsgrad deutlich höher ist als bei herkömmlichen Antrieben.“

Schlussendlich gilt es für die Wissenschaftler noch ein Sicherheitsproblem zu lösen, denn Wasserstoff an sich ist leicht entzündbar. Sie wollen vermeiden, dass Wasserstoffleitungen durch den bedruckten Bereich der Kabine geführt werden. Außerdem müssen die Ingenieure vom FST-Institut noch untersuchen, wie groß Abstände zu anderen Systemen wie dem elektrischen oder dem hydraulischen System sein müssen, um sicher zu sein. Sind diese Aufgaben bewältigt, kann die Vision vom elektrischen Fliegen, bei dem die Maschinen klimafreundlich und leise durch die Luft gleiten, schnell real werden.

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Weitere Informationen finden Sie auf dem LinkedIn-Profil des Instituts für Flugzeug-Systemtechnik.
 

 

Grafik
Das Konzeptflugzeug hat insgesamt zehn Antriebseinheiten, die jeweils Brennstoffzellen, Puffer-Batterien sowie den elektrischen Antriebsstrang beinhalten
(Systemtechnische Konzepte und Vorentwurf: TUHH FST)