Wie lassen sich die aus dem Klimawandel resultierenden Folgen von Stürmen und steigenden Wasserpegeln in der tideabhängigen Elbe minimieren? Das untersucht das TU-Institut für Wasserbau für mehrere Zeithorizonte bis 2200.
„Ohne Hochwasserschutz wären schon heute weite Teile Norddeutschlands überschwemmt“, bringt Professor Peter Fröhle die Situation auf den Punkt. Das gilt nicht nur für die Küste von Husum bis Wilhelmshaven, hohe Wasserstände und Stürme würden auch das Aussehen der Landschaft zwischen Hamburg und Brunsbüttel verändern. Die Gebiete an der von Ebbe und Flut geprägten tideabhängigen Elbe wären ohne Hochwasserschutz mit Deichen und Schutzmauern kaum zu besiedeln. Aber Ästuare wie die Tideelbe waren und sind Lebensadern für das Hinterland. Entlang dieser Ästuare sind Siedlungen, Städte, Unternehmen und Häfen entstanden und haben vielfach für eine prosperierende wirtschaftliche Entwicklung gesorgt. Diese gilt es, genau wie die wertvollen Biotope und Ökosysteme, auch in Zukunft zu schützen und zu erhalten.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf dieses Gebiet und welche möglichen Maßnahmen des Hochwasserschutzes zukünftig sinnvoll wären, das wird im Projekt TideelbeKlima am Institut für Wasserbau der TU Hamburg zunächst aus wasserbaulicher und wasserwirtschaftlicher Sicht erörtert und vom Institut für Geotechnik und Baubetrieb aus geotechnischer Sicht bewertet. Das Institut für Geo-Hydroinformatik analysiert die Auswirkungen im Hinblick auf Grundwasserstände und möglicher Versalzung des Grundwassers. Anschließend werden dann die ökologischen und ökonomischen Analysen und Bewertungen durchgeführt. Am Ende sollen konkrete Handlungsoptionen stehen. Die entwickelten Werkzeuge, Methoden und Bewertungsschemata sollen so aufbereitet werden, dass sie auch auf andere deutsche Ästuare wie beispielsweise die Weser angewendet werden können.
Ohne ausreichenden Schutz durch Deiche, Mauern und Überflutungsflächen sowie Sperrwerke und Entwässerungsbauwerke würden Stürme und Fluten enorme Schäden verursachen. Dies hat die Vergangenheit immer wieder leidvoll gezeigt. „Als Folge des Klimawandels und dem damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels werden Sturmfluten bei gleicher Sturmintensität zukünftig deutlich höher auflaufen. Wasserstände, die früher im Mittel einmal in hundert Jahren aufgetreten sind, werden dann ebenfalls sehr viel häufiger, beispielsweise alle fünf Jahre, auf uns zukommen. Zudem werden Stürme als Folge des Klimawandels möglicherweise noch intensiver, was die extremen Wasserstände dann zusätzlich erhöhen würde“, so Institutsleiter Fröhle. Das Projekt TideelbeKlima möchte deshalb Schutzlinien definieren, um sichere Zonen zu bilden, die bei höheren mittleren Wasserständen und häufigeren Fluten bestehen können. Neben Deichen und Hochwasserschutzmauern gibt es eine Vielzahl von Konzepten zum Schutz gegen Hochwasser. Diese reichen von einer angepassten Bauweise über die Schaffung von mehr Raum für das Wasser bis hin zu Dämmen oder Sperrwerken, mit denen das Einlaufen einer Hochwasserwelle verhindert werden kann.
Noch vor wenigen Jahrzehnten gingen die Experten davon aus, dass der mittlere Meeresspiegel in hundert Jahren um 25 Zentimeter ansteigt. Der Klimawandel wirkt beschleunigend, sodass man inzwischen mit einem andauernden Anstieg des Meeresspiegels um einen Meter pro Jahrhundert rechnet. Alle zehn Jahre werden geplante Ziele und Maßnahmen zum Hochwasserschutz neu bewertet, um Schutzmaßnahmen gegebenenfalls anpassen zu können. Im aktuellen Bauprogramm für die Hansestadt Hamburg ist beispielsweise geplant, Deiche und Hochwasserschutzanlagen auf eine Höhe von mindestens 8,30 Metern über Normalhöhennull auszubauen.
Eine Maßnahme ist es, Wasser abzuhalten, eine andere, ihm mehr Raum für Überflutungen zu geben. Vor allen an den Küsten können solche Polder als Rückhalteräume dienen, damit das Wasser keine weitere Zerstörung anrichten kann. „Letztlich kann Hochwasserschutz sogar so weit gehen, bereits eingedeichte Flächen wieder auszudeichen. Im Bereich der Tideelbe ist die Wirksamkeit solcher Maßnahmen aus wasserbaulicher Sicht aber vergleichsweise gering“, erklärt TU-Wissenschaftler Fröhle. Ganz im Gegensatz verhält es sich mit der extrem aufwendigen, aber wirksamen Maßnahme, ein Sperrwerk zu errichten. Das ist bei den benachbarten kleineren Elbezuflüssen, wie der Este oder der Krückau und der Eider, die in die Nordsee mündet, bereits geschehen. Würde man ein solches Bauwerk an der Elbe errichten, wäre es jedoch mit mehreren Kilometern Länge sehr viel größer und länger als die bestehenden Sperrwerke. Sein Bau würde Milliarden Euro verschlingen. Der Vorteil wäre, Sturmfluten könnten aus der Elbe herausgehalten und Schäden so von Vornherein vermieden werden.
Neben dem Institut für Wasserbau der TU Hamburg als Koordinator sind am Projekt TideelbeKlima noch die TU-Institute für Geotechnik und Baubetrieb sowie Geo-Hydroinformatik und das Institut für Geoökologie der TU Braunschweig und das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) in Berlin beteiligt.