Forschungsbericht 2014



Hochauflösende Charakterisierung der funktionellen Konnektivität und des Verhaltens in gesunden und transgenen Tieren von der Neugeborenenperiode bis zum Erwachsenenalter

Institut: E-9
Projektleitung: Wolfgang Krautschneider
Stellvertretende Projektleitung: Dietmar Schröder
Mitarbeiter/innen: Lait Abu Saleh
Paola Vega-Castillo
Laufzeit: 01.11.2013 — 31.10.2016
Finanzierung:Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)

Die Entwicklung neuronaler Netzwerke hängt von einer komplexen Folge von Ereignissen ab, bei denen Neuronen entstehen, migrieren, arborisieren und transiente oder persistierende synaptische Verbindungen knüpfen. Veränderungen in jedem dieser Prozesse können zu Störungen in der neurologischen Entwicklung führen. Es wird postuliert, dass häufige neurologische Erkrankungen wie Autismus-Spektrum-Störungen (ASDs), Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHs), Schizophrenie oder Epilepsie auf Grund von Dysfunktionen während der frühen Gehirnentwicklung und/oder gestörten postnatalen Reifung des Gehirns entstehen. Häufige Ursachen von Störungen der Hirnentwicklung beim Menschen sind u.a. Geburtskomplikationen, Umwelteinflüsse oder genetische Erkrankungen. So können durch Mutationen in Ionenkanalgenen, wie z.B. SCN2A oder KCNQ2, verursachte Kanalerkrankungen in der Entwicklung ein breites

Spektrum von Phänotypen verursachen, die sowohl im Menschen als auch in der Maus von

benigner neonataler Epilepsie bis zu schwerer neonataler epileptischer Enzephalopathie reichen.

Wir haben gezeigt, dass KCNQ/Kv7-defiziente Mäuse pathologische Veränderungen im Verhalten zeigen und nur dann einen Epilepsie-Phänotyp entwickeln, wenn funktionelle Kv7/M-Ströme während der ersten beiden postnatalen Wochen fehlen. In dieser Entwicklungsperiode spielt spontane elektrische Aktivität eine wichtige Rolle bei der Hirnreifung, speziell bei der Entstehung neuronaler Schaltkreise und beim Aufbau funktionaler Verbindungen zwischen verschiedenen Hirnregionen. Diese Konnektivität zwischen präfrontalem Kortex (PFC) und Hippocampus (HC) ist wahrscheinlich bei kognitiven Störungen, wie z.B. ASDs, ADHD oder Schizophrenie, eingeschränkt.

Um die funktionelle Reifung der Konnektivität im Mausgehirn zu verfolgen, werden wir ein digitales, aktives Elektrodenarray unter Verwendung fortgeschrittener CMOS-Technologie entwickeln und für chronische Aufnahmen neonatale und erwachsene Mäusen einsetzen. Dies ermöglicht die longitudinale Charakterisierung der Netzwerkreifung von PFC und HC und, in Verbindung mit optogenetischer Manipulation GABAerger Interneurone im PFC, die Analyse der Dynamik der PFC-HC-Netzwerkinteraktion und ihrer Veränderungen in unseren Kanalerkrankungsmodellen.

Des Weiteren werden wir untersuchen, ob die Verminderung oder Stimulation der

Netzwerkaktivität in der frühen Hirnentwicklung den Verhaltensphänotyp in adulten mutanten

Mäusen verbessert.

Unsere Studie wird somit das erste Mal longitudinale Daten zur Dynamik von Netzwerkaktivität in der Hirnentwicklung von Mausmutanten mit Kanalerkrankung liefern. Die Analyse der Netzwerkkommunikation innerhalb und zwischen PFC und HC in erwachsenen mutanten Mäusen und mutanten Mäusen, die postnatal behandelt wurden, wird zu einem besseren Verständnis der kausalen Verbindung zwischen frühen Netzwerkmustern und der Verzögerung oder Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten und des Verhaltens führen.