Logistics, Mobility & Infrastructure

Grüner Wasserstoff für die Luftfahrt

Forscher*innen: Prof. Dr. Christian Thies, Akin Ögrük
Arbeitsgruppe: Resilient and Sustainable Operations and Supply Chain Management (OSCM)

Un-Ziele 7, 9 und 13

Fliegen ist klimaschädlich, denn bei der Verbrennung von Kerosin wird viel CO2 freigesetzt. Eine umweltverträgliche Lösung kann es sein, Flugzeuge künftig mit nachhaltig erzeugtem Wasserstoff zu betreiben. Hierzu müssen geeignete Lieferketten aufgebaut werden. Wie das aussehen kann, erforscht ein Verbundprojekt, an dem die TU Hamburg beteiligt ist.

„Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“, sang der Liedermacher Reinhard Mey vor vielen Jahren. Inzwischen steht das Fliegen vor allem für einen hohen CO2-Ausstoß. Doch Forscherinnen und Forscher setzen vieles daran, die Luftfahrtbranche klimaneutral zu gestalten. Ein Ansatz ist es, anstatt fossilem Kerosin grünen Wasserstoff als Energieträger einzusetzen. Allerdings sind die aktuellen Kapazitäten Wasserstoff herzustellen, bislang noch gering und für die Produktion werden große Mengen an Strom benötigt. Eine Lösung für dieses Problem könnte es sein, den Strom in Offshore-Windparks auf dem Meer zu erzeugen. Die grüne Energie bildet die Grundlage, Wasser in seine Bestandteile Sauerstoff und Wasserstoff aufzuspalten. Denn nur, wenn der Wasserstoff aus regenerativen Energien hergestellt wird, kann seine Verwendung einen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Ein vielversprechender Ansatz, der die Luftfahrtbranche aber vor große Herausforderungen stellt.

Das Verbundprojekt „HyNEAT – Hydrogen Supply Networks‘ Evolution for Air Transport“ forscht in den kommenden drei Jahren daran, die Netzwerke zur Bereitstellung des Wasserstoffs an Flughäfen zu planen. Im Fokus stehen dabei die kostengünstige Erzeugung und der Transport grünen Wasserstoffs, bei dem es sich um ein flüchtiges Gas handelt. Das erschwert die Planung der Liefernetzwerke. Für den Einsatz in der Luftfahrt muss der Wasserstoff verflüssigt werden, da er im flüssigen Zustand ein geringeres Volumen aufweist. Hierzu ist es erforderlich, ihn auf mindestens minus 250 Grad Celsius zu kühlen. Derzeit gibt es nur wenige solcher Verflüssigungsanlagen in Europa, unter anderem in Leuna in Sachsen-Anhalt. Für den Transport und die Lagerung muss der flüssige Wasserstoff außerdem gut isoliert werden, da sonst die Gefahr besteht, dass er verdampft.

Modelle für die Versorgung mit grünem Wasserstoff

An der TU Hamburg ist die Arbeitsgruppe Resilient and Sustainable Operations and Supply Chain Management von Professor Christian Thies am Projekt beteiligt und damit betraut, mathematische Optimierungsmodelle für das so genannte „Hydrogen Supply Chain Network Design Problem“ zu entwickeln. Hierzu werden die Energiesysteme und die Nachfrage analysiert und einzelne Komponenten modelliert. Schließlich werden die Ergebnisse zusammengeführt und mit Kollegen aus der Mathematik spezifische Lösungsverfahren für die komplexen Modelle entwickelt. Sie sollen beispielsweise berechnen, welche Größen die Pipelines haben müssen, durch die der Wasserstoff transportiert wird, oder wie viele LKW für den Transport eingesetzt werden müssen. „Mithilfe der gewonnenen Erkenntnisse erstellt unsere Arbeitsgruppe verschiedene Szenarien. Wir untersuchen sie und leiten daraus Handlungsempfehlungen für Politik und Wirtschaft ab, wie eine effiziente Bereitstellung von grünem Wasserstoff für die Luftfahrt aussehen kann“, sagt Prof. Thies. „Genauso notwendig, wie neue Antriebe und Flugzeugkonzepte zu entwickeln ist es, die entsprechende Wasserstoff-Infrastruktur aufzubauen. Die größte Herausforderung wird es sein, zu wettbewerbsfähigen Kosten zu kommen, die den Betrieb neuartiger wasserstoffbetriebener Flugzeuge ermöglichen“, führt der Experte für Lieferketten aus.

Im Projekt werden insgesamt drei Ebenen betrachtet und untersucht: Die Forschenden loten die globalen Wasserstoff-Potentiale für die Luftfahrt aus. Sie berechnen, ob sie im europäischen Energiesystem mit dem dazugehörigen Wirkungsbereich bis nach Afrika und dem Nahen Osten umsetzbar sind. Und schließlich beschreiben sie ihre Ergebnisse bis zur lokalen Ebene, um zu sehen, wie ein typischer Flughafen aussehen muss.

Das Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund drei Millionen Euro gefördert. Beteiligt sind die Leibniz Universität Hannover, die Technische Universität Braunschweig, die Technische Universität Clausthal, die Technische Universität München, die Technische Universität Hamburg sowie ein Industriebeirat, in dem unter anderem Airbus, Deutsche Aircraft, Lufthansa, Linde, Siemens Energy und der Flughafen Hamburg vertreten sind.

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Die Turbine aus dem Drucker

Forscher*innen: Dirk Herzog
Institut für Laser- und Anlagensystemtechnik (iLAS)

Ein TU-Projekt zeigt, dass Flugzeugteile aus Metall, die im 3D-Drucker entstehen, viel leichter sind und schneller gefertigt werden können als herkömmlich hergestellte. Sie helfen, Kerosin einzusparen und den CO2-Abdruck von Flugzeugen zu verringern.

Auf den ersten Blick wird nicht deutlich, worum es sich bei diesem Werkstück handelt: Es ist rund, zu beiden Seiten offen und auf der Oberfläche befinden sich viele Löcher. Das Besondere an dem kuriosen Stück ist, dass es sich um ein im 3D-Drucker gefertigtes Metallteil handelt, das einen Durchmesser von etwa einem Meter aufweist. „Es ist ein Teil einer Flugzeugturbine“, löst Dirk Herzog das Rätsel. „Und zwar ist es eines der größten Einzelteile, die bisher mittels eines Laserverfahrens additiv, also per 3D-Druck, hergestellt wurden“, erklärt der Ingenieur, der das Projekt für das TU-Institut für Laser- und Anlagensystemtechnik verantwortet. Doch nicht nur die Größe erstaunt: „Die Umstellung von konventionellem Guss auf das additive Verfahren reduziert Kosten und Gewicht um 30 Prozent. Und das bedeutet, dass durch seinen Einsatz wertvolles Kerosin und damit CO2 eingespart werden kann.“

Runter mit den Emissionen

Es ist ein wichtiger Schritt für die Luftfahrt, die Vorgaben des Green Deal der EU einzuhalten. Er sieht vor, dass die Verkehrsemissionen bis 2050 um 90 Prozent sinken sollen gegenüber dem Stand von 1990. Und dazu soll der Luftfahrtsektor seinen Teil beitragen. Eine Forschungsinitiative zur Entwicklung von treibstoffeffizienten Luftverkehrstechnologien war das von der Europäischen Kommission und der europäischen Luft- und Raumfahrtindustrie finanzierte Programm Clean Sky 2. Hieraus ging 2018 das MOnACO-Projekt hervor. Neben der TU Hamburg, die den Druckprozess erforscht hat, sind als Projektpartner das Unternehmen Autodesk beteiligt, das sich um die Optimierung des Designs kümmert, sowie die TU Dresden. Ihre Experten bauen einen Versuchsstand mit hochmodernen Instrumenten, mit der sie die Strömungsdaten nach der Produktion validieren und messen. Das Konsortium arbeitet dabei eng mit dem Triebwerksbauer GE Aerospace in München zusammen.

Grundsätzlich bestehen im Flugzeugbau besonders strenge Anforderungen. Das gilt auch für die Teilezulieferer und führt zu langen Vorlaufzeiten und hohen Kosten. Diese Herausforderungen und die Tatsache, dass es sich bei einem Turbinenzwischengehäuse nicht um ein rotierendes Teil handelt, machten es zu einem idealen Kandidaten für die additive Fertigung. Das Team um Dirk Herzog, das für den 3D-Druck mit dem Fraunhofer IAPT in Bergedorf zusammenarbeitet, ermöglicht die Fertigung in einem Stück, sodass am Ende nicht mehr – wie sonst üblich – 150 einzelne Teile zusammengefügt werden müssen. Dadurch reduziert sich für den Hersteller die Durchlaufzeit von neun auf zweieinhalb Monate.

Mikrometerdünne Schichten

Der Druck selbst erfolgt in einem abgeschotteten großen Behälter: „In einer Schicht aus Metallpulver, in diesem Fall eine Nickellegierung, verschmilzt ein Laserstrahl bei über 1.000 Grad Celsius die einzelnen Teile des Pulvers“, erklärt Ingenieur Herzog. „Die Schicht ist nur 60 Mikrometer dünn und senkt sich nach dem Vorgang ab. Das Metallpulver wird wieder gleichmäßig verteilt und die Laserbelichtung lässt die nächste Schicht entstehen.“ Unzählige Male wiederholt sich das Geschehen, bis das Turbinenteil nach etlichen Tagen Bauzeit fertig gedruckt ist. „Ein wesentlicher Vorteil der additiven Fertigung ist die Freiheit im Design. Je nach Vorgabe lässt es sich jederzeit anpassen und umstellen. Luftdurchlässe, Kurven, Kanäle oder Gitterstrukturen, alles ist möglich. Zu Beginn des Projekts haben wir vor allem probiert, wie weit wir die Wanddicke reduzieren können, um möglichst viel Gewicht einzusparen“, erklärt Herzog.

Das verwendete Verfahren ist nicht auf die Luftfahrt beschränkt. Es wird schon länger beispielsweise für medizinische Implantate eingesetzt. Aber in der Luft- und Raumfahrt sind die finanziellen Vorteile der Gewichtsreduktion am größten. Das zeigt eine einfache „Pi-mal-Daumen"-Regel, nach der es heißt, dass in der Luftfahrt 1 Kilo eingespartes Gewicht Treibstoffkosten in Höhe von 1.000 Euro einsparen kann. Das entspricht über die Lebensdauer eines Flugzeugs gesehen etwa 25 Tonnen CO2. Also wesentlich mehr als in der Automobilindustrie, wo man wegen höherer Stückzahlen ganz anders kalkuliert: Hier müssen schon 100 Kilo eingespart werden, um denselben Kosteneffekt zu erzielen. Seitdem die Energiekosten auf breiter Front gestiegen sind, dürften sich Gewichtsreduzierungen finanziell noch stärker auswirken. Herzog erklärt: „Das ist auch der Grund, weshalb solche Projekte häufig zunächst für die Luft- und Raumfahrtindustrie getestet werden. Bereits heute hat sich der 3D-Druck für einzelne, kleinere Triebwerksbauteile wie beispielsweise Einspritzdüsen etabliert. Aber vielleicht werden künftig auch die gedruckten Großbauteile standardmäßig in Flugzeugen eingebaut.“

Das MOnACO-Projekt besteht aus einem Konsortium aus der Technischen Universität Hamburg (TUHH), der Technischen Universität Dresden (TUD) und dem Technologieunternehmen Autodesk. Es unterstützt General Electric AAT München bei der Entwicklung und Herstellung eines großen additiv gefertigten Metallbauteils - dem Advanced Additive Integrated Turbine Centre Frame (TCF).

 

 

Turbine

Bauwerke werden lernfähig

Steckbrief

Forscher*innen     Prof. Kay Smarsly

Laufzeit                2021 – 2024

Institute               Digitales und autonomes Bauen

Dekanat                Bauwesen (B)