Seit Oktober 2023 besteht an der TUHH der DFG-Sonderforschungsbereich SFB 1615 SMART-Reaktoren, in dem auch das IMEK tätig ist und an den Teilprojekten A02 und A07 mitwirkt. Mit Erfahrungen in der Impedanzmesstechnik, sowie der allgemeinen Schaltungsentwicklung sollen existierende Reaktorsteuerungen erweitert und automatisiert werden.
Wir stehen vor den gesellschaftlichen Herausforderungen, wirtschaftliche und Produktionsketten von fossilen Rohstoffen auf nachhaltige und erneuerbare Rohstoffe umzustellen. Diese können jedoch saisonal und geologisch in ihrer Verfügbarkeit und Qualität schwanken. Die Gesellschaft benötigt daher dringend Prozesse und Reaktoren, die flexibel auf schwankende Rohstoffeigenschaften reagieren können. Um eine solche Anpassung zu ermöglichen, ist ein sehr hohes Maß an Prozesskontrolle erforderlich: Drücke, Temperaturen, Konzentrationen und verteilte Phasen müssen kontinuierlich und in situ in den Reaktoren mit geeigneten Sensoren überwacht werden. Als Teil des Verbundforschungszentrums zielen wir darauf ab, dieses Problem anzugehen und SMART-Reaktoren durch Grundlagenforschung zu ermöglichen. In Zukunft werden die SMART-Reaktoren nachhaltige erneuerbare Ressourcen auf nachhaltigere Weise in verschiedene Produkte (Mehrzweck) umwandeln und autonom (selbstanpassend) operieren, was zu widerstandsfähigeren Prozessen führen wird, die besser zwischen Maßstäben und Standorten übertragbar sind. Um unsere Vision zu erreichen, ermöglicht die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Verfahrenstechnik, Materialwissenschaft und Elektrotechnik mit Physikern, Chemikern, Mathematikern und Datenwissenschaftlern der Technischen Universität Hamburg und fünf Forschungseinrichtungen die Bündelung von Expertise und einzigartigen experimentellen Einrichtungen. Im Rahmen dieser Website möchten wir Ihnen einen Einblick in die einzelnen Teilprojekte, Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem CRC, bevorstehende Veranstaltungen und Karrieremöglichkeiten im Verbundforschungszentrum geben.
Im Projekt A07 geht es um die Messung innerhalb von Wirbelschichtreaktoren während der Sprühgranulation.
Wirbelschichtreaktoren werden in der Industrie und Forschung häufig für die Beschichtung von Granulaten eingesetzt. Dabei werden die Partikel durch einen Luftstrom in Schwebe gehalten und gleichmäßig durchmischt. Ein aufgesprühtes Beschichtungsmaterial verteilt sich so homogen auf der Oberfläche der Partikel. Dieser Prozess ermöglicht die Herstellung von Produkten mit definierten Eigenschaften, etwa in der Pharma-, Lebensmittel- oder Materialtechnik.
Eine zentrale Herausforderung besteht darin, die Prozessbedingungen wie Strömung, Temperatur und Feuchtigkeit präzise zu überwachen, da sie die Qualität der Beschichtung entscheidend beeinflussen. Moderne Sensorsysteme eröffnen hier neue Möglichkeiten, die Abläufe im Reaktor in Echtzeit zu erfassen und so eine gleichmäßige, reproduzierbare und energieeffiziente Beschichtung sicherzustellen.
Smart Particles
Für die Messungen innerhalb der Wirbelschichtreaktoren werden neuartige Lagrange-Sensorpartikel entwickelt, die die Messung von Temperatur, Feuchtigkeit und aufgetragener Beschichtungsdicke während der Wirbelschichtsprühgranulation basierend auf der Impedanzspektroskopie ermöglichen. Hierbei wird die frequenzabhängige, elektrische Leitfähigkeit der Beschichtung an einer oder mehreren Frequenzen beobachtet, um Rückschlüsse auf den jeweiligen Prozesszustand schließen zu können. Zusätzliches Magnetpartikeltracking (MPT) stellt eine räumliche Auflösung der Parameter dar.
Der erste Prototyp soll eine Größe von 25 mm nicht überschreiten, wobei eine weitere Miniaturisierung auf 5 mm durch Entwurf und Herstellung einer anwendungsspezifischen integrierten Schaltung (ASIC) erreicht wird. Die Partikelposition wird durch ein magnetisches Partikeltracking-Setup gemessen, das erstmals an einen Wirbelschichtsprühgranulationsprozess angepasst wird.
SMART Partikel Hülle
Die Schutzhülle ist kugelförmig gestaltet, um sich in Größe und Form den Partikeln des Partikelbettes aus Natriumbenzoat optimal anzupassen. Auf diese Weise kann der Sensor gemeinsam mit den Partikeln fluidisiert werden, ohne die Strömungsverhältnisse zu verfälschen. Der eigentliche Sensor im Inneren ist nicht kugelförmig, sondern wird durch die Hülle so eingebettet, dass er sich wie ein reales Partikel im Prozess verhält.
Gefertigt wird die Hülle mittels Harzdruck im Stereolithografie-Verfahren (SLA-3D-Druck). Dieses Verfahren gewährleistet eine hohe Maßgenauigkeit und glatte Oberflächen, die eine gleichmäßige Beschichtung im Wirbelschichtprozess ermöglichen. Im Inneren ist die Hülle mit Styrodur ausgekleidet, um zusätzliche Stabilität zu verleihen und die elektronischen Komponenten zuverlässig zu fixieren und zu schützen.
PCB Design
Die Elektronik des Sensors wird als kompakte Leiterplatte (PCB) entwickelt und basiert auf einem STM32-Mikrocontroller. Dieser übernimmt die drahtlose Kommunikation sowie die Steuerung der Messabläufe. Die Signalanregung wird von einem separaten Signalgenerator-IC erzeugt, während die Signalverarbeitung analog erfolgt, um eine präzise und breitbandige Erfassung des Impedanzspektrums zu ermöglichen.
Eine zentrale Herausforderung ist die Miniaturisierung: Die Schaltung setzt auf Bauelemente im 0402-Format, was hohe Anforderungen an Design und Fertigung stellt. Zudem muss der Energieverbrauch konsequent optimiert werden, um eine zuverlässige und langzeitstabile Nutzung im Wirbelschichtprozess zu gewährleisten.
Mikromontage
Die Montageeinheit wird als Remote-Presence-Anwendung konzipiert, bei der ein Nutzer über eine Roboterplattform die Herstellung der etwa 5 mm großen Partikel steuern kann. Durch haptic transparency soll dabei ein möglichst direktes und realistisches Gefühl der Interaktion mit dem Material vermittelt werden.
Zentrale Entwicklungsaufgaben sind die Ansteuerung und Regelung des Systems. Diese sorgen dafür, dass die Bewegungen des Nutzers präzise auf die Roboterplattform übertragen werden und Rückmeldungen in Echtzeit erfolgen. So entsteht eine intuitive Bedienbarkeit, die sowohl eine exakte Partikelproduktion als auch ein effizientes Arbeiten ermöglicht.