Im Rahmen des vom Bundesverkehrsministerium (BMV) geförderten Projekts „Next Generation City Networking“ (NGCN) mit dem Schwerpunkt PIONEER_6G erforscht ein interdisziplinäres Team der Technischen Universität Hamburg (TUHH) mit den Instituten für Hochfrequenztechnik, Nachrichtentechnik, Theoretische Elektrotechnik, Kommunikationsnetze und Ethik, der HafenCity Universität Hamburg (HCU), dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und weiteren Partnern erforscht eine neuartige Basistechnologie, die Mobilität, Stadtplanung und Digitalisierung auf einer gemeinsamen Plattform zusammenführt. Das Projekt wird im Rahmen des Hanseatic Wireless Innovation Competence Center (HAWICC ), dem Hamburger Standort des Deutschen Zentrums für Zukunftsmobilität (DZM ), durchgeführt.
Die Vision
Insbesondere in städtischen Gebieten wird ein großer Teil des privaten Verkehrs in Zukunft automatisiert oder sogar autonom sein. Aber werden Stop-and-Go-Verkehr und lange Staus endlich der Vergangenheit angehören? Nein! Selbst autonome Fahrzeuge können nur eine begrenzte Umgebung wahrnehmen und verhalten sich ähnlich wie menschliche Fahrer. Hier kann die sogenannte Car2Car-Kommunikation helfen.
Allerdings wird insbesondere in städtischen Umgebungen die Masse der Fahrzeuge eine Flut von Informationen über Mobilfunk-Signale verbreiten, die jedes einzelne Fahrzeug sortieren und auf ihre Relevanz für die eigenen Fahrentscheidungen überprüfen muss. Dies lässt sich nicht effizient umsetzen. Eine bessere Lösung wäre ein kleines, übergeordnetes Steuerungssystem, das alle Informationen sammelt, sie mit Daten aus der weiteren Umgebung, wie Staumeldungen, erwarteter Verkehrsfluss bei Sportveranstaltungen usw., anreichert und über Mobilfunk individuelle Fahranweisungen an jedes Fahrzeug verteilt. Würden diese lokalen Zellen über die ganze Stadt verteilt, könnte der Verkehrsfluss nach beliebigen Kriterien, wie minimaler Fahrzeit und Energieverbrauch, optimiert werden.
Derzeitiger Knackpunkt ist jedoch auch die Mobilfunkinfrastruktur. Selbst in städtischen Umgebungen gibt es aufgrund von Umwelteinflüssen Funklöcher, die die Sicherheit einer solchen Anwendung erheblich beeinträchtigen. Hier setzt PIONEER_6G an und erforscht einen neuen Ansatz für extrem zuverlässige und schnelle Mobilfunkverbindungen für die urbane Mobilität von morgen.
Von 5G zu 6G – mehr als nur höhere Datenraten.
PIONEER_6G nutzt dieses Prinzip, um die aus der Akustik bekannte elektromagnetische Feldsynthese erstmals für Funk-Anwendungen zu implementieren. Dabei werden elektromagnetische Felder so gesteuert, dass sie sich an bestimmten Orten überlagern und so gezielte „Sweet Spots“ mit maximaler Signalqualität für Kommunikation und LoPraxisnahes Labor in Hamburg: Die Stadt als Testumgebung
Die technologische Vision wird in einem Living Lab in Hamburg getestet. Hier soll ein hybrides Testnetzwerk eingerichtet werden, bestehend aus einem 5G-Campusnetzwerk mit Ortungsfunktion und dem neuen PIONEER_6G-System.
Die Kombination beider Systeme schafft ein flexibles Kommunikationsnetzwerk, das sowohl stationäre als auch mobile Sensoren integriert – von Fahrzeugen und Drohnen bis hin zu städtischer Infrastruktur wie Ampeln und Elektroladestationen. Künftig wird diese Infrastruktur nicht nur Daten transportieren können, sondern auch ihre Umgebung „erkennen“ und auf Veränderungen reagieren.kalisierung entstehen. Das Ergebnis: punktgenaue, adaptive Funkverbindungen bei minimalem Energieverbrauch.
Künstliche Intelligenz trifft auf Elektromagnetik
Eine Besonderheit von PIONEER_6G ist die Kombination aus KI-gestützter Modellierung und Kommunikationssystementwicklung. Mit Hilfe von Methoden des maschinellen Lernens wird das Funkfeld in der realen Umgebung, beispielsweise einer Straße mit all ihren Gebäudefassaden, Bäumen, Straßenlaternen und vielem mehr, modelliert, um die Funksignale dynamisch an Bewegungen und Hindernisse anzupassen. Dadurch kann das Netzwerk seine Strahlungseigenschaften selbstständig optimieren – ein entscheidender Schritt in Richtung lernender Kommunikationssysteme.
Schlüsseltechnologie für Smart Cities und nachhaltige Mobilität
Das Konzept hat weitreichende Auswirkungen:
• Für die urbane Mobilität bildet es die Grundlage für automatisiertes und sicheres Fahren, insbesondere in komplexen Umgebungen wie Kreuzungen oder Bushaltestellen.
• In Smart-City-Anwendungen kann PIONEER_6G Millionen von IoT-Knoten verbinden und energieeffizient steuern.
• In Verbindung mit anderen Themen innerhalb des NGCN-Projekts, SUMO_15 (die Stadt der zeitoptimierten Routen) und EMERGENCY (innovative Technologien für die städtische Rettungskette), entstehen vernetzte Systeme, die in Notfällen Informationen in Echtzeit austauschen oder präventiv auf Risiken reagieren können.
Vision über das Projekt hinaus
Mit PIONEER_6G positioniert sich Hamburg als Vorreiter in der Erforschung zukünftiger Kommunikationssysteme. Die Technologie verspricht nicht nur wirtschaftliches Potenzial durch neue digitale Dienste und Infrastrukturen, sondern auch gesellschaftlichen Nutzen durch mehr Sicherheit, Nachhaltigkeit und Resilienz.
Prof. Alexander Kölpin
Technische Universität Hamburg
Institut für Hochfrequenztechnik
Telefon: 040 30601-3019
[1] www.bmv.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/dzm-hamburg-ngcn.html
[3] www.hcu-hamburg.de/research/forschungsprojekte/hawicc-hanseatic-wireless-innovation-competence-center
[4] www.bmv.de/DE/Themen/Mobilitaet/Klimaschutz-im-Verkehr/Deutsches-Zentrum-Mobilitaet-der-Zukunft/deutsches-zentrum-mobilitaet-der-zukunft.html