Aktuelle Forschungsprojekte

Kommunikationstechnologien und Strategiepraktiken -

Digitale Kommunikationstechnologien wie z.B. zoom und Skype for Business oder soziale Medien wie z.B. Slack gehören inzwischen zum Alltag gesellschaftlicher Kommunikation. Sie spielen ins-besondere in Unternehmen eine zentrale Rolle, da sie u.a. eine virtuelle Zusammenarbeit er-möglichen und Kommunikationsprozesse beschleunigen. Damit verändert sich jedoch auch die Art und Weise, wie Mitarbeiter in Unternehmen zusammenarbeiten. 

Das vorliegende Forschungsprojekt befasst sich mit der Frage, welche Auswirkungen diese neu-en Technologien auf Strategieprozesse in Unternehmen haben, die aufgrund der Bedeutung von Kreativität oder Zukunftsorientierung besondere Anforderungen an Kommunikationen stellen. Strategische Praktiken wie Planung oder die diskursive Gestaltung von Strategie-Meetings sind daher nicht losgelöst vom Einsatz solcher Technologien zu betrachten. Die „Strategy-as-Practice“-Forschung, die sich mit der Analyse solcher Praktiken befasst, hat sich bislang mit diesem Zusammenspiel jedoch nur geringfügig befasst.

Im Zuge dieses Forschungsprojektes wird die Verlagerung des Strategieprozesses und der dazu-gehörigen Strategiepraktiken in den digitalen Kommunikationsraum durch eine Praxisperspektive untersucht. Daraus werden Implikationen für Merkmale und Eigenschaften des Strategieprozesses abgeleitet. Die Rolle der Strategen und ihr Umgang sowie die Instrumentalisierung der digitalen Kommunikationstechnologien finden in der Untersuchung explizit Berücksichtigung. Die Daten dieser Untersuchung werden mittels einer Ethnographie in einem internationalen Unternehmen erhoben.

Möglichkeiten und Grenzen der Förderung von Abduktionen in der qualitativen Organisationsforschung -

Der Beitrag untersucht die Bedingungen und Praktiken, unter denen abduktive Gedankensprünge – also kreative Erkenntnismomente – in der qualitativen Sozialforschung möglich werden. Aufbauend auf Charles Sanders Peirce’ Konzept der Abduktion wird argumentiert, dass solche Geistesblitze nicht willentlich erzeugt, wohl aber durch bestimmte epistemologische, soziale und methodische Bedingungen begünstigt werden können. Im Zentrum stehen dabei die Rolle von Erfahrung, Diagrammen und Kommunikation als Auslöser abduktiven Denkens. Der Beitrag kritisiert eine naturalisierende und individualistische Sichtweise auf Abduktion, wie sie bei Peirce angelegt ist, und plädiert stattdessen für eine sozial eingebettete, kommunikative und methodenreflexive Perspektive auf kreative Erkenntnisprozesse.

(gemeinsam mit Jo Reichertz)

„Engaging Futures“ – Partizipative Klimainterventionen und organisationale Zukunftsgestaltung

Angesichts wachsender ökologischer Herausforderungen setzen Unternehmen vermehrt auf partizipative Klimainterventionen wie Workshops oder Simulationen, um Bewusstsein zu schaffen, emotionale Beteiligung zu fördern und nachhaltige Handlungsimpulse zu geben. Diese Interventionen – z.B. das „Climate Fresk“ – ermöglichen es Mitarbeitenden, alternative Zukunftsszenarien zu entwerfen und gemeinsam zu reflektieren, welche strategischen Entscheidungen heute getroffen werden müssen, um nachhaltige Entwicklungen zu ermöglichen.

Das vorliegende Forschungsprojekt untersucht, wie solche Interventionen in Unternehmen wirken: Wie verändern sie Zukunftsvorstellungen, wie beeinflussen sie strategisches Denken und wie lassen sich die in ihnen erzeugten Impulse in dauerhafte organisatorische Praktiken überführen? Dabei wird ein besonderes Augenmerk auf die sozialen, emotionalen und materiellen Dynamiken innerhalb der Interventionen gelegt. Diese werden nicht als neutrale Wissensformate verstanden, sondern als performative Räume, in denen Organisationen Zukunft praktisch erproben, verhandeln und mitgestalten.

Das Projekt kombiniert ethnografische Beobachtungen, Interviews und dokumentarische Analysen in mehreren Fallstudien in Unternehmen. Ziel ist es, die Bedingungen zu identifizieren, unter denen partizipative Klimatools über den Moment hinaus Wirkung entfalten – etwa durch die Integration in strategische Routinen, Narrative oder Entscheidungsprozesse. Gleichzeitig wird untersucht, wie organisationale Strukturen, zeitliche Logiken und Machtverhältnisse diese Prozesse fördern oder behindern.

(Thomas Wrona gemeinsam mit Clara Scheve)

Caught in the loop - How indirect identity work leads to organizational deadlock -

Dieses Projekt untersucht, wie interaktive Prozesse der Identitätsarbeit in Organisationen nicht nur Wandel ermöglichen, sondern auch in einen Zustand des Stillstands – einen „organisationalen Deadlock“ – führen können. Auf Basis einer ethnografischen Fallstudie zur Gründung einer privaten Universität analysieren wir, wie sich identitätsbezogene Spannungen in rekursiven Interaktionsmustern verfestigen. Im Fokus stehen dabei drei Typen von Interaktionen und deren Zusammenhang mit sich wiederholenden Formen des Zusammenbruchs. Ziel ist es, besser zu verstehen, wie und warum Identitätsarbeit ins Stocken gerät – und was dies für Theorien organisationaler Entwicklung bedeutet.

(gemeinsam mit Melanie Rainer und Dominik van Aaken)

Family Structures, Social Inequality, and Entrepreneurial Practices

Die Studie geht der Frage nach, wie unterschiedliche Familienstrukturen – insbesondere monogame und polygame Konstellationen – mit sozialen Ungleichheiten im unternehmerischen Handeln von Frauen in ländlichen Regionen Sub-Sahara Afrika verwoben sind. Auf Grundlage qualitativer Daten rekonstruiert sie soziale Mechanismen, durch die familiäre Arrangements unternehmerische Praktiken prägen und soziale Ungleichheiten ermöglichen, verstärken oder infrage stellen. Der Beitrag verknüpft konfigurationslogisches Denken mit einem mechanismenbasierten Ansatz, um ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, wie strukturelle und mikrodynamische Bedingungen unternehmerisches Handeln im Kontext von Ungleichheit formen.

(gemeinsam mit Christiana Weber und Maren Iwastschenko)