In den letzten Jahren hat sich das Business-to-Consumer-Carsharing in den Innenstädten deutscher Metropolen von einer Nische zu einer bedeutenden Mobilitätsoption entwickelt. Der Großteil der bisherigen Forschung zur Carsharing-Nutzung und -Wirkung deckt jedoch nur die frühen Phasen der Carsharing-Diffusion ab, untersuchte also vor allem die frühzeitigen Nutzer („Early Adopters“) der Carsharing-Angebote. Es ist unklar, inwiefern sich Erkenntnisse, die durch die Beforschung von jungen und noch relativ wenig etablierten Carsharing-Diensten gewonnen wurden, auch auf reifere Carsharing-Dienste und deren Nutzer übertragen lassen.
Diese Dissertation richtet den Fokus daher auf die Carsharing-Akzeptanz und -Effekte in der Hamburger Innenstadt – einem Untersuchungsraum mit vergleichsweise stark etablierten Carsharing-Angeboten und weit fortgeschrittener Verbreitung von Carsharing-Mitgliedschaften in der Bevölkerung. Unter Carsharing-Akzeptanz wird in dieser Arbeit die bereits erfolgte Carsharing-Nutzung oder die Bereitschaft zur zukünftigen Nutzung verstanden. Bei den Carsharing-Effekten stehen die Auswirkungen der Carsharing-Nutzung auf den Pkw-Besitz und das Mobilitätsverhalten im Vordergrund. Als empirische Basis dient eine im November und Dezember 2019 durchgeführte Befragung von Carsharing-Nutzern und -Nichtnutzern in 16 Innenstadtquartieren Hamburgs.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Einstellungen und soziodemographischen Merkmale der gegenwärtigen Carsharing-Nutzer in Hamburg trotz fortgeschrittener Carsharing-Diffusion noch immer von denen der Nichtnutzer unterscheiden. Carsharing-Nutzer sind demnach signifikant häufiger jung, männlich, hochgebildet, gutverdienend sowie relativ affin für die Autonutzung, wobei das Ausmaß der Unterschiede zwischen Carsharing-Nutzern und -Nichtnutzern allerdings überschaubar ist. Nichtnutzer, die stark am Carsharing interessiert sind und somit potenziell zukünftige Carsharing-Nutzer repräsentieren, weichen hingegen vom Bild des typischen Carsharing-Nutzers ab. Im Vergleich zu den bisherigen Carsharing-Nutzern sind die am Carsharing interessierten Nichtnutzer in soziodemographischer Hinsicht heterogener und messen der Autonutzung eine geringere, der Nutzung des Fahrrads und öffentlicher Verkehrsmittel wiederum eine größere Bedeutung bei. Dies lässt darauf schließen, dass die fortschreitende Etablierung der Carsharing-Angebote tatsächlich zu einer Diversifizierung der Carsharing-Nutzerbasis führt.
Bei der Untersuchung der Carsharing-Effekte zeigte sich, dass die Hamburger Carsharing-Angebote den Pkw-Besitz und infolgedessen auch den generellen Umfang der Autonutzung reduzieren, wovon neben den Carsharing-Diensten selbst vor allem der Umweltverbund profitiert. Gleichwohl sind diese Effekte relativ schwach ausgeprägt, was hauptsächlich an der unterschiedlichen Nutzung und Wirkung der stationsbasierten und der stationslosen Carsharing-Variante liegt. Im Gegensatz zum stationsbasierten scheint das stationslose („free-floating“) Carsharing keine wesentliche Verringerung des Pkw-Besitzes zu bewirken, ist zugleich aber die Carsharing-Variante, die in den letzten Jahren hinsichtlich der Mitgliederzahlen am stärksten gewachsen ist und von der großen Mehrheit der Hamburger Carsharing-Mitglieder bevorzugt wird.
OPEN ACCESS Veröffentlichung:
Universitätsbibliothek TUHH Open Research (TORE):
Zitierlink: https://doi.org/10.15480/882.15267