Forschungskolloquium Arbeit-Gender-Technik
im Wintersemester 2015/2016


Dozentin:Prof. Dr. Gabriele Winker
Zeit:Do., 29. Oktober und Fr., 30. Oktober 2015
Ort:Gebäude E (SBS 95), Raum E0.091 


Programm

Donnerstag, 29. Oktober

13:00 - 13:30 Uhr: Gabriele Winker, Anna Köster-Eiserfunke

Begrüßung und Organisatorisches

 

13:30 - 14:45 Uhr: Michel Raab

Die erkenntnistheoretische Bedeutung von Subjektpositionen

Im methodischen Verlauf der Intersektionalen Mehrebenenanalyse (IMA) sind zentrale Subjektpositionen ein wichtiges Zwischenergebnis. Als Ergebnis einer einzelnen Interviewanalyse sollen sie als Ausgangsmaterial für das weitere Vorgehen zentrale Selbstpositionierungen der Interviewten festhalten. Mein Beitrag behandelt die Bedeutung der Subjektpositionen und diskutiert die erkenntnistheoretischen und methodologischen Konsequenzen zweier möglicher Varianten: a) Subjektpositionen als komprimierte Darstellung des Interviews im Sinne von: „Wir stellen bis dahin nur dar, was die Person sagt“ oder b) Subjektpositionen als Verdichtung von Sinn, die die Forschenden aus dem Material konstruieren.

 

15:00 - 16:15 Uhr: Doreen Kruppa

Freundschaftszentrierte Lebensweisen – im Spannungsfeld zwischen alternativer Lebensweise und Heteronormativität.  Stand der Auswertung mit der IMA

In meiner Dissertation werden freundschaftszentrierte Lebensweisen aus heteronormativitätskritischer und intersektionaler Perspektive untersucht. In Problemzentrierten Interviews mit Menschen, die freundschaftszentriert leben, wird folgenden Forschungsfragen nachgegangen: Was bedeutet es für die Befragten, freundschaftszentriert zu leben, wie sehen ihre Freundschaftspraxen aus? In welcher Weise erweitern sich die Handlungsmöglichkeiten durch diese Lebensweise? Welche Hürden bestehen für die Umsetzung freundschaftszentrierter Lebensweisen im Alltag? Welche Umgangsweisen werden dazu von den Betroffenen entwickelt? 

Im Forschungskolloquium werde ich den aktuellen Stand bei der Auswertung der von mir geführten Interviews vorstellen. Dazu werde ich ausgewählte Subjektkonstruktionen eines Interviews mit den dazugehörigen Transkriptausschnitten zur Diskussion stellen.

 

16:45 - 18:00 Uhr: Anna Köster-Eiserfunke

Intergenerationale Sorge als (eigensinnige) Praxis

In meiner Forschungsarbeit untersuche ich Care-Praxen und Pflege-Arrangements von Menschen, die sich in multilokalen Familien um ihre hilfe- und pflegebedürftigen An- und Zugehörigen kümmern. Im Oktober-Kolloquium werde ich einige Überlegungen zum Begriff der Praxis vorstellen, die ich für meine Forschung fruchtbar machen möchte. Dabei interessiert mich ein Zugriff auf das Handeln von Menschen, welcher sowohl die (herrschaftsförmige) Strukturiertheit sozialer Praxis, als auch Eigensinn und Handlungsfähigkeit fassen kann. 

 

Freitag, 30. Oktober

09:00 - 10:15 Uhr: Doris Cornils

Alltägliche Lebensführung von Familie Dahlke

Im April-Kolloquium 2015 stellte ich Euch eine Einzelfallauswertung (Simone Dahlke) zur alltäglichen Lebensführung von Familie vor. Im nächsten Auswertungsschritt habe ich die vorliegenden Daten aller vier Mitglieder der Familie Dahlke als Einzelfallauswertungen analysiert. Daran schloss sich eine Verschränkung der Analyseergebnisse der Einzelfallauswertungen in eine Gesamtschau der alltäglichen Lebensführung der Familie Dahlke an, die in eine Fallbeschreibung mündet.

Diese nächsten Auswertungsschritte sowie die Ergebnisse der Fallbeschreibung der Familie Dahlke möchte ich Euch auf dem Herbst-Kolloquium vorstellen und gemeinsam mit Euch diskutieren. 

 

10:30-11:45 Uhr: Simon Schmiederer

Arbeitsunzufriedenheit als Grund für einen frühen Erwerbsausstieg in der Krankenpflege

Der Vortrag hat die Arbeitsbedingungen in der Krankenpflege  und deren Bedeutung für einen frühen Ausstieg aus dem Erwerbsleben zum Gegenstand. Er fokussiert sich zuerst auf die Charakteristika der Arbeit in der Krankenpflege, um dann die Veränderungen im ökonomischen Feld der Krankenpflege sowie die Veränderungen der Arbeitsbedingungen zu thematisieren. Im Anschluss an diese Ausführungen stelle ich Subjektkonstruktionen einer interviewten Krankenpflegerin zu Diskussion, die aufgrund von Arbeitsunzufriedenheit früher aus dem Erwerbsleben ausscheidet, und stelle erste Überlegungen zu weiteren Auswertungsschritten vor.

 

12:30 - 13:45 Uhr: Iris Nowak

Prekäre Altenpflege als Hegemonieproblem

Die Pflegeversicherung ist einer der gesetzlichen Grundlagen der Arbeits- und Lebensbedingungen in Pflegeheimen mit ihrem großen Mangel an Personal und Zeit. Die Durchsetzung der Pflegeversicherung gelang als ein hegemoniales neoliberales Projekt, d.h. dass es hierin bürgerlich-kapitalistischen Kräften gelang, die Interessen diverser Akteure aufzunehmen und in einem Gesetz zu reartikulieren, mit dem die paritätische Finanzierung von Sozialversicherungsleistungen nur noch formal bestand und das Ende ausgabenorientierter Finanzierung sozialer Einrichtungen weiter festgeschrieben wurde.

Diese These diskutiere ich in diesem Vortrag anhand des Hegemonie-Konzepts von Gramsci genauer. Auf dieser Grundlage überlege ich, welche Bedeutung dies für die Arbeit mit meinem empirischen Material hat, in der ich die Handlungsfähigkeit von Altenpflegekräften untersuche, die ich nach ihren Vorstellungen von guter Pflege und den Verwirklichungsbedingungen gefragt habe.

 

14:00 – 15:15 Uhr: Jette Hausotter

Wie vereinbaren junge Ingenieur_innen Beruf und Familie? Interessentypen zwischen Privilegien und Verunsicherung

In meiner Dissertation untersuche ich die persönlichen, politischen und gesellschaftlichen Interessen von jungen angestellten Ingenieurinnen und Ingenieuren in Deutschland im Kontext der vielfältigen und widersprüchlichen Anforderungen in Berufs- und Sorgearbeit. Interessen verstehe ich dabei als von den Subjekten aktiv konstruierte und gleichzeitig kontextuell strukturierte Handlungsprämissen.

Im Vortrag stelle ich die Typologie von Interessen vor, die ich aus der intersektionalen Mehrebenenanalyse von 20 Interviews gewonnen habe. Diese stelle ich zur Diskussion, erörtere eigene offene Fragen und gebe einen Ausblick auf die anschließenden Schritte der Rückbindung an die Struktur- und Repräsentationsebene.

 

15:45 - 17:00 Uhr: Kathrin Ganz

Privilegierte Nerds? Zur Reflexion von Positionalität in der Netzbewegung

In meiner Arbeit zum politischen Diskurs der Netzbewegung frage ich danach, welche zentrale Subjektposition die Netzbewegung artikuliert und wie  Differenzen darin diskursiv verhandelt werden. Dazu möchte ich das sechste Kapitel meiner Dissertation diskutieren. In diesem Kapitel stelle ich einen Teil der aus den Interviews herausgearbeiteten Subjektkonstruktionen dar. Darauf aufbauend analysiere ich, wie die Interviewten entlang von unterschiedlichen Ressourcen, Privilegien und der Figur des Nerds das Thema  Positionalität verhandeln. Dabei zeigt sich, dass sich im Diskurs der Netzbewegung sowohl ein identitäres Selbstverständnis als auch post-identitäre selbstreflexive Praxen finden lassen.