Marion Rauch

Thema: Tragwerke aus ultrahochfestem Beton

Fach: Bauingenieurwesen/Massivbau

Betreuer: Prof. Viktor Sigrist

Status: Projekt abgeschlossen, Dissertation publiziert unter dem Titel "Tragwerke aus ultrahochfestem Beton" (Aachen 2010)

 

Zusammenfassung:

Zu den neusten Entwicklungen im Bereich der Hochleistungsbetone zählen der ultrahochfeste Beton (UHB) sowie der ultrahochfeste Faserbeton (UHFB). In der vorliegenden Arbeit werden die Grundlagen für die Bemessung von UHFB erarbeitet, wobei insbesondere das Zusammenwirken von ultrahochfestem Faserbeton und Bewehrungsstahl untersucht wird. Zur Beschreibung des Verhaltens von bewehrten UHFB-Zuggliedern wird in Anlehnung an das Zuggurtmodell ein Rechenmodell entwickelt, das durch Versuche abgesichert ist. Das Ziel war es, das Trag- und Verformungsverhalten von UHFB-Zuggliedern in Kombination mit verschiedenen Bewehrungsstahlsorten rechnerisch abbilden sowie Bemessungsempfehlungen für Tragwerke unter Zugbeanspruchung geben zu können.

Ultrahochfester Beton weist eine hohe Gefügedichte auf, und übliche Druckfestigkeiten liegen etwa bei 150 MPa bis 250 MPa. Um ein Sprödbruchversagen zu verhindern, werden dem Beton Fasern beigemischt. Neben einer Festigkeitssteigerung bewirken diese Fasern, abhängig von Fasertyp und Fasergehalt, unter Zugbeanspruchung ein verfestigendes Verhalten. Damit ein duktiles Verhalten gewährleistet werden kann, werden UHFB-Bauteile zusätzlich mit Stahl bewehrt. Ein weiteres Merkmal von ultrahochfestem Beton ist sein hoher Widerstand gegen physikalischen und chemischen Angriff. Aufgrund seiner besonderen Eigenschaften eröffnet UHFB dem Stahlbetonbau neue Anwendungsgebiete und ermöglicht den Bau ausgesprochen schlanker und in der Formgebung anspruchsvoller Konstruktionen. Wie die Geschichte des Stahlbetons zeigt, ist ein umfassendes Verständnis des Baustoffes sowie des Trag- und Verformungsverhaltens notwendig, um neue Gestaltungsmöglichkeiten nutzen zu können. Beim Betrachten der historischen Entwicklung der Beton- beziehungsweise Stahlbetonbauweise ist festzustellen, dass neben dem technischen Fortschritt auch Aspekte wie beispielsweise der baustoffgerechte Umgang mit dem Material die Bauweise nachhaltig beeinflusst haben. Aus diesem Grund wird im ersten Teil der Arbeit die Entwicklungsgeschichte des Stahlbetonbaus nachgezeichnet; damit soll eine Grundlage für neue Anwendungen und Bauformen geschaffen sowie das Bewusstsein für Fragen der Gestaltung innerhalb des Bauwesens gestärkt werden.

Das Verformungsverhalten von bewehrten UHFB-Zuggliedern wird maßgeblich durch die Eigenschaften der Baustoffe und den Verbund zwischen Beton und Bewehrungsstahl beeinflusst. Im Grundlagenteil wird deshalb zunächst das Baustoffverhalten von UHFB erläutert. Aufbauend darauf wird eine für UHFB spezifische Verbundschubspannungs-Schlupf-Beziehung entwickelt. Anschließend werden ein analytisches Modell sowie ein entsprechend konfiguriertes Rechenprogramm vorgestellt. Unter Berücksichtigung der positiven Eigenschaften von UHFB wird das Zusammenwirken von UHFB mit verschiedenen Bewehrungsstahlsorten betrachtet und mithilfe des Rechenmodells systematisch untersucht. Die Überprüfung des Modells erfolgt anhand von Zugversuchen. Die Untersuchungen an Zuggliedern aus UHFB zeigen, dass zwischen UHFB und Bewehrungsstahl in allen Phasen sehr gute Verbundbedingungen herrschen und dass, anders als beim Stahlbeton, das Verformungsverhalten durch den tension stiffening Effekt stark beeinflusst wird. Die Verwendung von hochfesten, gerippten Bewehrungsstählen in Verbindung mit UHFB erweist sich als zweckmäßig, da so die positiven Eigenschaften von UHFB bei üblichen Bewehrungsgehalten ausgenutzt werden können. Auf diese Weise können konstruktive Probleme im Bereich von Knotenpunkten oder Anschlüssen, insbesondere bei filigranen Konstruktionen, vermieden werden. Die Arbeit soll insgesamt ein Beitrag sein zu neuen Anwendungs- und Gestaltungsmöglichkeiten im Stahlbetonbau sowie zum baustoffgerechten Bauen.