TUHH OEM: Elektrisch leitfähige Carbon Nanotube/Polymer-Verbundwerkstoffe

Elektrisch leitfähige Carbon Nanotube/Polymer-Verbundwerkstoffe

Stand der Technik

Polymere können durch Zugabe geeigneter Füllstoffe mit einer gewissen elektrischen Leitfähigkeit versehen werden, um zum Beispiel statische Aufladung vermeiden zu können. Die kritische Konzentration an Füllstoff, bei der die Leitfähigkeit des Systems sprunghaft ansteigt, nennt man Perkolationsschwelle. Diese Schwelle sinkt mit steigendem Aspektverhältnis (Länge zu Durchmesser) der Füllstoffe [1].

Kohlenstoffnanoröhrchen (Carbon Nanotubes, CNT) sind als Füllstoff gleich aus mehreren Gründen äußerst interessant. Sie sind zugfester als Stahl, leiten Wärme besser als Diamant und elektrischen Strom besser als Kupfer und können Aspektverhältnisse größer als 10.000 erreichen. Diese Eigenschaften kommen aber nur zum Tragen, wenn die Agglomerate, in denen die CNT vorliegen, aufgelöst und diese homogen in dem Polymer verteilt werden können. Dazu werden in der Forschung unterschiedliche Dispergiermethoden angewandt. Ultraschall ist effektiv, zerstückelt aber gleichzeitig viele CNT, ein Rührwerk ist schonend, dafür bleiben aber größere Agglomerate übrig. In jüngster Zeit hat sich der Einsatz eines Walzwerkes durchgesetzt, welches mit enorm hohen Scherkräften eine sehr homogene Verteilung der CNT erreicht, ohne diese ernsthaft zu schädigen [2].

Weltweit arbeiten Forschergruppen mit unterschiedlichen CNT (bezüglich Typ, Herstellungsmethode, Aspektverhältnis oder chemischen Behandlung), Polymeren und Verarbeitungsmethoden und erhalten so unterschiedlichste Perkolationsschwellen und elektrische Leitfähigkeiten. In einer kürzlich veröffentlichten Arbeit haben wir viele dieser Ergebnisse zusammengefasst und ausgewertet [3].

Ziel

Die Leitfähigkeit des Systems erhöht sich erst dann sprunghaft, wenn durchgehende CNT-Pfade in dem Polymer entstanden sind. Die Bedingungen für die Entstehung solcher Netzwerke sowie deren Qualität müssen verstanden und kontrolliert werden, bevor an einen industriellen Einsatz dieser Verbundwerkstoffe gedacht werden kann.

Forschungsergebnisse

Die Erkenntnisse aus [3] und unseren eigenen Experimenten [4] zeigen, dass bei homogen verteilten CNT die theoretisch vorhergesagten Perkolationsschwellen [1] erreicht werden. Elektrische Felder (Abb. 1) oder eine leichte Scherung (Abb. 2) können zudem selbst bei Füllgraden unterhalb dieser Schwelle zur Ausbildung von leitfähigen Pfaden im Verbundwerkstoff führen. Diese neue, kinetische Perkolationsschwelle muss allerdings von der theoretischen unterschieden werden, weil sie mit den üblichen Perkolationstheorien nicht beschrieben werden kann.

Fig1 Fig2
Abb. 1 – Zwei in den Verbundwerkstoff eingetauchte Metallelektroden mit den durch elektrische Felder dazwischen entstandenen CNT-Pfaden Abb. 2 – Kontrollierte Agglomerat-Bildung in einem flüssigen Verbundwerkstoff (links/vor und rechts/nach einer leichten Scherung)

Die einzelnen CNT sind meist mit einer Polymerschicht umgeben, so dass Stromleitung nur über Tunneln der Elektronen von CNT zu CNT stattfinden kann. Die Polymersorte sowie die Verarbeitungsmethode (und nicht die CNT) scheinen demnach den entscheidenden Einfluss auf die maximal erzielbare Leitfähigkeit zu haben.

Entscheidend für eine theoretische Beschreibung und Modellierung der Messergebnisse ist die Berücksichtigung der realen Verteilung der CNT in dem Polymer. Wir haben eine Methode entwickelt, mit der wir mit Hilfe eines Rasterelektronenmikroskops in eine Probe hineinschauen und die CNT-Dimension, -Form und -Verteilung von der Nanometer- bis hin zur Millimeterskala untersuchen können [5] (Abb. 3).

Fig3
Abb. 3 – In das Polymer eingebettete CNT sind sichtbar, wo die Goldschicht von der Probenoberfläche entfernt wurde

Die CNT wurden in dem Polymer auch als Sensoren für mechanische Spannungen genutzt. Mit einem Raman-Spektrometer konnte nachgewiesen werden, dass während der Aushärtung des Verbundwerkstoffes bei höheren Temperaturen keine mechanischen Spannungen auftreten. Diese traten nur beim Abkühlen auf Zimmertemperatur auf, wobei die Übertragung der Spannungen auf die CNT für unterschiedliche Polymere unterschiedlich stark ausfiel [6]. Damit könnten diese Messungen eine Methode darstellen, um die mechanische Kopplung zwischen CNT und Polymer – welche die mechanischen Eigenschaften des Verbundwerkstoffes bestimmt – zu untersuchen.

Literatur

  1. A. Celzard, E. McRae, C. Deleuze, M. Dufort, G. Furdin, J. F. Marêché Critical concentration in percolating systems containing high-aspect-ratio filler Phys. Rev. B 53 (1996) 6209
  2. F.H. Gojny, M.H.G. Wichmann, U. Köpke, B. Fiedler and K. Schulte Carbon nanotube-reinforced epoxy-composites: enhanced stiffness and fracture toughness at low nanotube content Compos. Sci. Technol. 64 (2004) 2363
  3. W. Bauhofer, J.Z. Kovacs A Review and Analysis of Electrical Percolation in Carbon Nanotube Polymer Composites Compos. Sci. Technol. (2008) in press, doi:10.1016/j.compscitech.2008.06.018
  4. J.Z. Kovacs, B.S. Velagala, K. Schulte, W. Bauhofer Two percolation thresholds in carbon nanotube epoxy composites Compos. Sci. Technol. 67 (2007) 922
  5. J.Z. Kovacs, K. Andresen, J.R. Pauls, C. Pardo Garcia, M. Schossig, K. Schulte, W. Bauhofer Analyzing the quality of carbon nanotube dispersions in polymers using scanning electron microscopy Carbon 45 (2007) 1279
  6. A. de la Vega, J.Z. Kovacs, W. Bauhofer, K. Schulte Combined Raman and Dielectric Spectroscopy on the Curing Behaviour and Stress Build Up of Carbon Nanotube-Epoxy Composites Compos. Sci. Technol. doi:10.1016/j.compscitech.2008.09.015

Ansprechpartner

Dipl.-Ing. Carolin Schulz