Erweiterung des Systemverständnisses im Bereich der Nebenelben als Grundlage für die Verbesserung des Verständnisses im Gesamtsystem Tideelbe
Das Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Hamburg (WSA HH) ist neben der Unterhaltung der Tideelbe zwischen Elbe-km 638,9 und 689,1 mit Schwerpunkt im Fahrrinnenbereich (Zufahrtsweg Hamburger Hafen für die Containerschifffahrt) auch für die Unterhaltung in Teilen der Nebenflüsse Este, Lühe, Schwinge, Bützflether Süderelbe, Ruthenstrom, Wischhafener Süderelbe, Freiburger Hafenpriel, Pinnau, Krückau und Stör sowie in den Nebenelben Hahnöfer Nebenelbe, Lühesander Nebenelbe, Pagensander Nebenelbe, Schwarztonnensander Nebenelbe, Glückstädter Nebenelbe und dem Wischhafener Fahrwasser zuständig. Die vorzuhaltenden Gewässertiefen in diesen Nebenbereichen ergeben sich aus nautischen und wasserwirtschaftlichen Anforderungen sowie Aspekten des Strombau- und Sedimentmanagements Tideelbe. Die Unterhaltung der Gewässerbereiche erfolgt unter Einbeziehung von Umweltbelangen in Abstimmung mit den zuständigen Landesbehörden. Dabei unterstützt die WSV die Länder im Kontext des Integrierten Bewirtschaftungsplans (IBP) Elbeästuar bei der Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus der Aufnahme des Elbästuars in das Schutzgebietsnetz Natura 2000 ergeben.
Die Nebenelben sind Seitenarme der Tideelbe, die durch Inseln vom Hauptstrom abgetrennt sind (vgl. Abbildung 1). Die grundsätzliche Funktionsweise der Nebenelben bzw. deren Fluträume fungieren aus wasserbaulicher Sicht im Verlauf einer Tide als Senke (bei Flut) und Quelle (bei Ebbe) für Wasser. Hieraus resultiert eine Beeinflussung (Dämpfung) des Tidehubs und der Strömungsgeschwindigkeiten in der Tideelbe, wobei das Ausmaß der Dämpfung in erster Näherung von Geometrie und Volumen der jeweiligen Nebenelbe abhängt. Auch auf die Schwebstoffdynamik bzw. auf die Schwebstoffkonzentration in der Tideelbe haben die Nebenelben eine dämpfende Wirkung. Zum einen wird durch die Dämpfung der hydrodynamischen Größen die Transportkapazität beeinflusst; zum anderen kommt es in den Nebenelben bereichsweise zur Sedimentation von Schwebstoffen, die mit dem Flutstrom eingetragen werden. Hier spielen die vielfältigen Strömungsmuster in den Nebenelbensystemen eine entscheidende Rolle zur Beantwortung der Frage, ob und wieviel Material sich ablagert. Das abgelagerte Material verbleibt anschließend zumindest teilweise über längere Zeiträume in den Nebenelben (Senke). Hieraus resultieren mittel- und langfristig morphologische Änderungen in den Nebenelben.
Ein bislang unvollständiges Systemverständnisses auf der Skala der Nebenelben und vor allem deren Sub-Skala lässt bislang keine fundierten Aussagen über in den Nebenelben stattfindenden Detailprozesse zu. Dementsprechend können derzeit auch noch keine detaillierten Aussagen über die Funktionsweise der Nebenelben getroffen werden. Hierzu bedarf es zunächst einer detaillierten Analyse der hydrodynamischen Prozesse, der damit verbundenen Sedimentations- und Erosionsprozesse und auch der längerfristigen morphologischen Entwicklung. Dieser formulierte Forschungsbedarf ist Gegenstand des angestrebten Vorhabens, in dem eine Beschreibung und eine Analyse der Prozesse im Detail erfolgen soll auf Grundlage einer Betrachtung mehrerer Nebenelben. Hierdurch können auch Aussagen über die allgemeine Gültigkeit bzw. den Grad der Übertragbarkeit der Erkenntnisse auf andere Nebenelbesysteme getroffen werden.
Ziel der Arbeiten im hier skizzierten Forschungsvorhaben am Institut für Wasserbau der Technischen Universität Hamburg (TUHH) in Kooperation mit der WSA HH ist die Erweiterung des Systemverständnisses in den Bereichen Hydrodynamik und Morphologie der Nebenelben als Grundlage für die Verbesserung des Systemverständnisses für die Prozesse in der gesamte Tideelbe. Die wissenschaftlichen Ergebnisse des Vorhabens sollen auf praktischer Seite zukünftig genauere Aussagen seitens der WSV zur morphologischen Entwicklung der Nebenelben im Rahmen von Beweissicherungsverfahren sowie zur wasserwirtschaftlichen Unterhaltung ermöglichen. Außerdem sollen sie dazu beitragen, konkreter beantworten zu können, welche Entwicklungsmaßnahmen in den Nebenelben zu einer nachhaltigeren Entwicklung der Tideelbe beitragen können. Entsprechende Fragestellungen finden sich im Integrierten Bewirtschaftungsplan (IBP) Tideelbe und werden aktuell innerhalb des Forums Tideelbe diskutiert.
Für die Arbeiten im Rahmen des Projektes wurden folgende Nebenelben als Fokusgebiete ausgewählt um diese mit einem hohen Detailierungsgrad zu untersuchen:
Als konkrete Arbeiten sind im Forschungsprojekt geplant:
Kooperationspartner: | Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Hamburg (WSA HH) |
Projektleitung: | Dr.-Ing. Edgar Nehlsen |
Projektbearbeitung: | Diogo Mees Delfes Varela |
Laufzeit: | 01.05.2019 – 30.04.2023 (4 Jahre) |