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Nachruf Prof. Holle

Trauer um Prof. Dr.-Ing. habil. em. Hans-Jürgen Holle (1947 – 2023)

„Und vergesst mir die Folgen für die Gesellschaft nicht!“: Dieser Satz war prägend für das Leben und Wirken von Prof. Holle, auch über seine Zeit als Leiter des Instituts für Angewandte Bautechnik (2000 – 2013) hinaus. Er gehörte zu der Generation von Architekten, die in der Phase des Baubooms in der damaligen DDR studierten sowie ihre Planertätigkeiten aufnahmen und dabei auch ihre wissenschaftliche Weiterentwicklung nicht aus dem Blick verloren. Bereits unmittelbar im Anschluss an sein Studium des Bauingenieurwesens und der Architektur an der TH Leipzig (1966 – 1971) arbeitete er ebendort als wissenschaftlicher Mitarbeiter und promovierte zu „Entwurfsmethodik und Industrieplanung“ (1973). In Berlin führte er in den 1970er Jahren Planungstätigkeiten für die Bauakademie und die Senatsverwaltung aus und übernahm in den 1980er Jahren u. a. das Amt des Chefarchitekten der Stadt Schwerin. Hier war er in den 1990er Jahren auch Leiter einer überregional tätigen Gesellschaft für Bauplanung. Während all dieser Jahre hatte er – auf der Grundlage seiner „facultas docendi“ (1979, TH Leipzig) sowie seiner Habilitation über das „Entwerfen und Projektieren in der Architektur“ (1981 HAB Weimar) – Honorarprofessuren bzw. Dozenturen an der TH Wismar sowie an Hochschulen in Weimar und Dessau inne. Er bewarb sich schließlich 1999 erfolgreich auf die C4-Professur „Integrierte Bauplanung an der Technischen Universität Hamburg“ und trat im Jahr 2000 sein Amt als Universitätsprofessor und dortiger Leiter des Instituts für Angewandte Bautechnik an. Hier entfaltete die wissenschaftlich fruchtbarste Phase seines Berufslebens. Herausgehoben aus zahlreichen Forschungsvorhaben seien u.a. seine EU-geförderten Pilotstudien zu innovativen Modellkonstruktionen in Zusammenarbeit mit dem AZB BAU Hamburg oder auch seine Beiträge zur „Hamburger Möbelkooperation“ im Bereich der Beruflichen Fachrichtung Holztechnik. Besonders am Herzen lag ihm das bundesweit agierende „Kompetenznetzwerk Bau und Energie e.V.“ – heute bestehend aus annähernd zwanzig überbetrieblichen Berufsbildungsstätten, von denen viele bereits 2008 nach den Richtlinien der Bundesregierung als Kompetenzzentrum anerkannt oder auf dem Weg dahin waren und die 2014 die Vereinsgründung vollzogen. Seitens der TUHH hat Prof. Holle die Zentren bei der Ausformung und dem Betreiben des Netzwerks von Beginn begleitet sowie insbesondere auch in fachlicher Hinsicht unterstützt. So wirkte er – noch im Ruhestand am Institut aktiv – ideengebend bei der Beantragung und Durchführung des BMBF-geförderten Verbundprojektes „DigiBAU“ (2018 – 2022) mit, bei dem es u. a. um die Digitalisierung und den Transfer von bundesweit über zehn Bildungszentren im „Kompetenznetzwerk Bau und Energie e. V.“ ging. Dabei stellte er u. a. die Entstehung und die Perspektiven des "Kompetenznetzwerks Bau und Energie e.V.“ in einer seiner letzten Veröffentlichungen dar.

Hans-Jürgen Holle hat zu den aktuellen Entwicklungen in der Forschung stets die gesellschaftlichen Konsequenzen mitgedacht und zukünftige Konflikte treffsicher vorausgesehen. Dazu hat sein ausgesprochen umfangreiches und breites Allgemeinwissen beigetragen und seine ausgeprägte Fähigkeit, Zusammenhänge zwischen – auf den ersten Blick – geschichtlich oder inhaltlich weit auseinanderliegenden Ereignissen herzustellen und diese sehr anschaulich zu erläutern. Prof. Holle zeichnete überdies eine große Begeisterungsfähigkeit aus, womit er es seinen Doktoranden ermöglichte, in verschiedenen Forschungsgebieten zu arbeiten und so ihren persönlichen Interessensschwerpunkten zu folgen. So reicht die Liste von ihm betreuter Promotionen von der Optimierung thermischer Bauteilanschlüsse, über die energetische Bewertung der Solarbauausstellung, altersgerechtes Wohnen in Gründerzeitquartieren, Optimierungen beim Bauen mit Holz, ökologische Betonrezepturen, die Entwicklung neuer Gebäudetypologien und solare Gebäudeformoptimierung bis hin zur Geoinformatik im Kontext des Klimawandels. Er verstand es im besten Sinne, Ideen und Gedanken zur freien Verfügung zu stellen und auf diese Weise vor allem intrinsisch zu motivieren. Seinen Studierenden und Mitarbeitenden wird er als äußerst begeisternder, offen denkender und sehr vorbildhaft agierender Mensch auch zukünftig in bester Erinnerung bleiben.