TUHH OEM: Optische Mustererkennung

Optische Mustererkennung

Einführung

Für viele Anwendungen ist eine genaue Ermittlung dreidimensionaler Oberflächeninformationen von Objekten wichtig. In der Qualitätskontrolle einer industriellen Fertigung müssen produktionsbedingte Abweichungen der Werkstücke von den vorgegebenen Sollmaßen erfasst werden. In einer darauf folgenden schnellen Datenanalyse sollen fehlerhafte Werkstücke erkannt und schließlich ausgesondert werden. Mechanische Vermessungen sind während eines Produktionsprozesses häufig zu zeitaufwendig oder von vorneherein gar nicht möglich. Mit dem berührungslos arbeitenden Lasertriangulationsverfahren (Sheet-of-light-Verfahren, Lichtschnittverfahren) läßt sich diese Aufgabe mit großer Zuverlässigkeit und hoher Präzision erfüllen.

Messprinzip und Versuchsaufbau

Der Messaufbau besteht im wesentlichen aus einem Laser und einer Hochgeschwindigkeitskamera. Laser und Kamera werden nicht bewegt, sie stehen in einem festen, sogenannten Triangulationswinkel zueinander

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Abb. 1: Objektabtastung mit dem Lasertriangulationsverfahren. Streift die Laserlinie das Objekt, wird sie an dieser Stelle von ihrem ursprünlichen Verlauf ausgelenkt und erscheint aus Sicht der Kamera versetzt zum Rest der Linie auf der Objektoberfläche. Abb. 2: Momentaufnahme einer Profillinie. Aus fortlaufend aufgenommenen Profillinienbildern lassen sich schließlich 3D-Oberflächenkonturen gewinnen.

Der Laserstrahl wird durch ein Linsensystem fächerförmig aufgeweitet (sheet-of-light). Das am Kamerasensor vorbeigeführte Werkstück wird linienförmig abgetastet. Unterschiedliche Höhen des Werkstückes führen zu definierten Abweichungen vom ursprünglich kontinuierlich horizontalen Verlauf der Laserlinie. Die von der Kamera gemessene Auslenkung a (siehe nebenstehende Abbildung) des vom Objekt reflektierten Lichtstreifens ist abhängig von der Geometrie des Messaufbaues. Bei bekannten Abmessungen und erfolgter Eichung lassen sich unbekannte Objekte sehr genau vermessen. Wie Abbildung 1 zeigt, lässt sich durch Detektion der Abweichung a der Laserlinie von ihrem horizontalen Verlauf auf die Höhe h des Werkstückes schließen. Werden diese Abweichungen fortlaufend aufgezeichnet, gewinnt man aus den aufeinanderfolgenden Linienbildern ein dreidimensionales Oberflächenprofil (3D-Topologie) des Werkstückes.

Um sowohl das Objekt in seiner Ausdehnung als ganzes erfassen zu können, als auch feine Höhendetails in einem Bild zugleich aufnehmen zu können, ist der Kamera eine anamorphotische Optik vorgeschaltet. Dies ist ein optisches System, bei dem der Abbildungsmaßstab in zwei zueinander senkrechten Hauptschnitten verschieden ist. Durch Verwendung dieser Optik werden in der Meßaparatur laterale Ausdehnungen von bis zu 30 mm mit einem Auflösungsvermögen von 60 µm erfaßt, zugleich können Höhenunterschiede ab 2 µm noch aufgelöst werden.

Die Hochgeschwindigkeitskamera besteht aus einem 512*512 Pixel großen Sensor-Array mit integriertem Prozessor auf demselben Halbleiterchip. Die Integration von Sensor, A/D-Wandler und Prozessor auf einen Chip erlaubt eine hohe Bildverarbeitungsrate. Bis zu 5000 Bilder pro Sekunde können aufgenommen werden, so daß eine Vermessung des Werkstückes in Echtzeit während eines Produktionsprozesses möglich wird. Der Schwellwert der Sensorempfindlichkeit wird bei der Abtastung eines Werkstückes so eingestellt, daß nur der Verlauf der Laserlinie, nicht aber das beleuchtete Objekt selbst detektiert wird.

Software und Bildverarbeitung

Auf einem an die Kamera angeschlossenen PC läuft eine spezielle Software. Zum einen übernimmt sie die Kommunikation mit der Kamera und damit deren Steuerung und Bedienung. Zum anderen bereitet sie die von der Kamera an den PC gesendeten Bilder für eine erste Bildschirmdarstellung zur optischen Beurteilung auf.

Zur weiteren Bildverarbeitung werden C- und C++-Algorithmen eingesetzt: Präprozess-Routinen bereiten das Bildmaterial im Hinblick auf eine anschließende Auswertung auf. Ziel ist es, aus den 3D-Topographieaufnahmen Oberflächenstrukturen im Mikrometerbereich zu detektieren und zu klassifizieren. Dies erfordert insbesondere die Entwicklung translations- und rotationsinvarianter Algorithmen. Diese Algorithmen werden in die Auswerteelektronik der Kamera hardwarenah implementiert, um einen Stand-Alone-Betrieb der Kamera ohne die Unterstützung eines PCs zu ermöglichen. Mit diversen, kommerziellen Softwaretools werden Teilaspekte zahlreicher Probleme vorab getestet.

Vermessung eines Lego-Bausteins

Die Leistungsfähigkeit in der Auflösung der beschriebenen Meßaparatur wird an der Abtastung der Oberfläche eines Lego-Bausteins demonstriert. Wie Abbildung 3 und 4 zeigen, sind sowohl die runden Noppen an der Oberfläche des Bausteines, als auch der Schriftzug „Lego“ auf der oberen Fläche jeder einzelnen Noppe deutlich zu erkennen.

Der verwendete Legostein hat eine Abmessung von 24*16 mm und eine seitliche Höhe von 3mm. Die Noppen auf seiner Oberfläche haben eine Höhe von 2 mm und einen Durchmesser von 5 mm. Deutlich zu erkennen ist der Schriftzug mit dem Firmenlogo. Die Schrift hat eine Höhe von 150 µm, der Kranz des kreisförmigen Randes auf einer Noppe eine Höhe von 80 µm.

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Abb. 3: Der untersuchte Legobaustein von schräg oben gesehen. Der Schriftzug "Lego" ist auflösungsbedingt nur schwach zu erkennen, da die Aufnahme für die makroskopischen Abmessungen des Bausteines ausgelegt wurde. Aufnahmezeit: 0,102 s Abb. 4: Der Legobaustein von oben gesehen. Die Aufnahme wurde so kontrastiert, daß der Schriftzug "Lego"deutlich zu sehen ist. Aufnahmezeit: 0,13 s

In Abbildung 6 ist exemplarisch eine Profillinie aus dem Mittelbereich einer einzelnen Noppe dargestellt. Das dargestellte Höhenprofil entsteht durch das Relief des Schriftzuges "Lego". Aus fortlaufenden Profillinienscans dieser Art wurde das topographische Bild der Abbildung 5 gewonnen.

Fig3 Fig3
Abb. 5: Eine einzelne Noppe des Legobausteins. Aufnahmezeit: 38,4 ms Abb. 6: Exemplarische Profilscanlinie aus dem Mittelbereich einer Noppe. Das dargestellte Höhenprofil entsteht durch das Relief des Schriftzuges "Lego".

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Abb. 7: Derselbe Legostein von unten. Die roten Stellen auf der Innenseite der Ringe sind Scheinhöhen, verursacht durch Reflexionen an der inneren Ebene. Aufnahmezeit: 0,154 s

Die Arbeitsgruppe

Unsere Arbeitsgruppe untersucht seit einigen Jahren unterschiedliche 3D-Scan-Methoden. Zu den von uns entwickelten 3D-Scanmethoden gehören nicht nur solche, mit denen man dreidimensionale Oberflächentopographien aufzeichnen kann. Wir haben im Bereich des Scanning Second Harmonic Generation (SSHG) von Hochfeldgepolten Polymerfilmen eine Methode entwickelt, die es erlaubt, die Orientierungsverteilungen von Chromophoren innerhalb von Polymerfilme dreidimensional aufzuzeichnen.

Folgende Aufgabenbereiche wird durch unsere Arbeitsgruppe vertreten:

  • Bildsignalverarbeitung und Objekterkennung: Repräsentation und Transformation von Bildsignalen Lokale und globale Merkmalsextraktion aus Bilddaten Segmentierung von Bilddaten
  • Statistische Mustererkennung (global): Entwurf von Klassifikatoren für die Objekterkennung Theorie und experimentelle Untersuchungen softwareseitige Realisierung der Bilderkennungsverfahren
  • Bild- und Bildfolgenanalyse: Repräsentation, Speicherung von Objektdaten Rekonstruktion von 3D-Daten 3D-Objekt-Modellierung und -Erkennung dynamischer Vorgänge

Literatur

  1. Adameck, M., Hossfeld, M., Eich, M., Selective Stereo Gradient Vision System for Rotation and Translation Invariant Classification of Minted Objects with Specular Metallic Surfaces, Proceedings of SPIE, 4661, ,-,206,2002
  2. Hossfeld, M., Adamek, M., Eich, M., Three Color Selective Stereo Gradient Method (3CSSGM) for Fast Topography Recognition of Metallic Surfaces, Proceedings of SPIE, 5011, ,-,-,2003
  3. Hossfeld, M., Adameck, M., and Eich, M., Machine vision detects counterfeit coins, Laser Focus World, 39(6), 99,2003
  4. Hoßfeld, M., Chu, W., Adameck, M., Eich, M., Fast Fast 3D-Vision System to Classify Metallic Coins by their Embossed Topography, 5(4), 47-63,2006

Ansprechpartner

Professor Dr. Manfred Eich