Die Arbeitsgruppe Arbeit–Gender–Technik

Die Arbeitsgruppe Arbeit–Gender–Technik bestand von März 2003 bis März 2019 an der Technischen Universität Hamburg (TUHH). Sie war ein interdisziplinär arbeitendes Team von SozialwissenschaftlerInnen mit folgenden Forschungs- und Lehrgebieten:

  • Arbeitsforschung
  • Technik- und Internetforschung
  • Lern- und Hochschulforschung 

 

Das Selbstverständnis der Arbeitsgruppe (2003-2019)

Unsere Arbeitsinhalte

Die Arbeitsgruppe Arbeit–Gender–Technik arbeitet zu Fragen der Arbeitsforschung, der Technik- und Internetforschung sowie der Lern- und Hochschulforschung aus Geschlechterperspektive. Unter Geschlecht verstehen wir als Ausdruck der normativ gesetzten Differenzierung und Hierarchisierung in Männer und Frauen. Geschlecht wird in sozialen Praxen fortwährend hergestellt und manifestiert sich in Identitäten, Strukturen und Symbolen. Wir nehmen also Geschlecht als zweigeschlechtlich und heterosexuell strukturiertes Konstrukt in den Blick, das seine gesellschaftliche Wirkmächtigkeit durch die Naturalisierung dieser normativen Differenzierung erlangt.

Zentrale Forschungsgegenstände in den drei genannten Forschungsfeldern sind Handlungsfähigkeit und damit verbundene Widersetzungen sowohl von Subjekten als auch von Organisationen, Institutionen, politischen AkteurInnen oder Netzwerken. Wir fragen nach Handlungsspielräumen in Arbeitsfeldern, im Netz, in Hochschulen und im Alltag. Wichtig für viele unserer Projekte ist dabei die Bedeutung von Technik: Zum einen als Feld, in dem wir Handlungsfähigkeit analysieren wollen, zum anderen als Medium, das Effekte auf Handlungsfähigkeit hat.

In unterschiedlichen Zusammenhängen beschäftigen wir uns mit Bedeutungen von und Theorien zu Arbeit. Unter Arbeit verstehen wir nicht nur Erwerbsarbeit, sondern auch das gesamte Feld der Reproduktionsarbeit (u.a. Haus- und Sorgearbeit sowie ehrenamtliche Tätigkeiten). Wir untersuchen, wie Arbeit mit Geschlechter-, Klassen- und Körperverhältnissen sowie mit rassistischen Ein- und Ausgrenzungen verwoben ist und ungleich zugeordnet wird. Auch hier fragen wir danach, wie Menschen Arbeitsverhältnisse, die sie einschränken und behindern, durch gemeinsames Handeln verändern können. 

Unsere Arbeitsziele

An unsere Forschungen stellen wir den Anspruch, dass die Ergebnisse sich nicht auf Analysen beschränken, sondern dass sie praxisrelevant und verständlich sind und Veränderungen anstoßen. Wir wollen Wissenschaft nicht im Elfenbeinturm betreiben, sondern mit Politik verbinden. Aus diesem Grund verbreiten wir unsere Ergebnisse nicht nur in der Wissenschaft, sondern vor allem auch in den Forschungsfeldern selbst.

Der hohe praktische Anspruch gilt auch für unsere Lehre. Wir unterrichten in erster Linie Studierende der Ingenieurwissenschaften, denen wir Analysewerkzeuge an die Hand geben möchten, um Gesellschaft besser zu verstehen und zu gestalten. Die Studierenden sollen Theorien der Soziologie und Geschlechterforschung nicht zum Selbstzweck lernen. Ziele sind vielmehr unter anderem, dass die Studierenden die Relevanz von Geschlecht, die gesellschaftliche Dimension von Technik und die gegenwärtige Arbeitsgesellschaft analysieren und reflektieren lernen.

Unsere Arbeitsmethoden

Unsere Arbeit ist grundsätzlich empirisch ausgerichtet. Die Auswertung erfolgt dicht am Material. Dabei werden Begriffe und Ordnungen theoretischer Konzepte genutzt und neben dem Geschlecht weitere Ungleichheit generierende Kategorien berücksichtigt. Zur Erforschung gesellschaftlicher Ungleichheiten verfolgen wir eine intersektionale Analyse unserer empirischen Daten. Dabei gehen wir davon aus, dass alle Ungleichheit konstituierenden Kategorien (wie z.B. Geschlecht, Alter, soziale Herkunft) auf den Ebenen der gesellschaftlichen Strukturen, der Repräsentationen und der Identitäten wirken. Zur Erforschung von Geschlechterfragen liegt unseren Auswertungen generell eine relationale Konzeptualisierung der Kategorie Geschlecht zugrunde, um der Gefahr einer Zementierung von (Geschlechter-) Stereotypen entgegen zu wirken. Dies bedeutet, dass nicht primär nach Frauen und Männern getrennt ausgewertet wird, sondern zunächst Typen entlang feldspezifischer Ungleichheitskategorien gebildet und erst anschließend deren Geschlechterverteilungen bestimmt werden. Von den Mitgliedern unserer Arbeitsgruppe werden unterschiedlichste theoretische Ansätze vertreten. Uns geht es nicht darum, eine einheitliche theoretische Perspektive als Arbeitsgruppe zu entwickeln, sondern die Vielfalt der vertretenen Ansätze zu nutzen, um gemeinsame Themen, Methoden und Begriffe, auch projektübergreifend, zu bearbeiten, weiterzuentwickeln und eigene Konzepte zu entwickeln. In der Vergangenheit entstanden auf diese Weise Konzepte wie die "Ko-Materialisierung von Technik und Geschlecht" (Winker 2005) und die "ArbeitskraftmanagerIn" (Winker/Carstensen 2004, 2007). Auch die intersektionale Mehrebenenanalyse (Winker/Degele 2009) ist in Teilen Ergebnis solcher Diskussionsprozesse. 

 Unsere abgeschlossenen und laufenden Forschungsprojekte

 Arbeitsforschung aus Geschlechterperspektive:

  • Handlungsfähigkeit in entgrenzten Arbeitsverhältnissen in Altenpflege und Industrie
  • Genderregime in Work-Life-Balance-Maßnahmen
  • Handlungsmöglichkeiten von drogengebrauchenden Sexarbeiterinnen
  • Integration hochqualifizierter Migrantinnen in technischen Bereichen
  • Handlungsfähigkeit bei der Arbeit in digitalen Kulturen

 

Technik- und Internetforschung aus Geschlechterperspektive:

  • Möglichkeiten der Stärkung feministischer Politik über das Internet
  • Gesellschaftlichen Teilhabe Erwerbsloser über das Internet

 

Lern- und Hochschulforschung aus Geschlechterperspektive:

  • Technikhaltungen von Ingenieurstudierenden
  • Studienabbruchgründe in den Ingenieurwissenschaften / Handlungsmöglichkeiten von Hochschulen, um Studienabbrüche zu verringern

 

Zum Weiterlesen: Gender- und Intersektionalitätsforschung in Arbeit und Technik. Die Arbeitsgruppe Arbeit-Gender-Technik an der TU Hamburg-Harburg, in: SOZIALE TECHNIK 2/2013