Allgemeine Informationen

Schwerpunktprogramm „Neue recyclinggerechte Verbundwerkstoffe“ (SPP 2528)

Der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat in seiner Sitzung im März 2025 der Einrichtung des Schwerpunktprogramms „Neue recyclinggerechte Verbundwerkstoffe“ (SPP 2528) zugestimmt. Das Programm ist auf sechs Jahre ausgelegt. Mit der vorliegenden Aufforderung wird zur Einreichung von Vorschlägen für den ersten dreijährigen Förderzeitraum eingeladen.

Forschungsthema des Schwerpunktprogramms

Die Europäische Union (EU) hat sich im November 2019 dazu bekannt, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent der Welt zu werden. Eine wichtige Maßnahme ist dabei die „Dekarbonisierung“ der Industrie. Insbesondere die Kunststoffindustrie ist erdölbasiert und kann im Gegensatz zur energieerzeugenden Industrie nicht „dekarbonisiert“ werden, denn sie benötigt Kohlenstoff als elementaren Bestandteil der (polymeren) Werkstoffe selbst. Die Kunststoffindustrie kann jedoch „entfossiliert“ werden. Damit Kunststoffe und Verbundwerkstoffe ohne fossilen Kohlenstoff auskommen, bieten sich auf der stofflichen Seite folgende drei Ansätze:

i) Nutzung nachwachsender Rohstoffe, 

ii) Mehrfachverwendung des Kohlenstoffs durch Kreislauflösungen und

iii) Nutzung von CO2 als Kohlenstoffquelle („Carbon Capture and Utilization“ CCU).

Hierbei adressieren insbesondere die Lösungsansätze i) und ii) auch die Erforschung und Entwicklung recyclinggerechter, Faserverbundkunststoffe (FVK). Dies stellt einen Paradigmenwechsel dar, da sich in den vergangenen Jahrzehnten die erfolgreichen Entwicklungen von FVK meist auf die Optimierung der Verarbeitungs- und Gebrauchsperformance konzentrierten und weniger die Kreislauffähigkeit im Blick hatten. Der gegenständliche SPP 2528 adressiert daher neue technische Ansätze für recyclinggerechte Verbundwerkstoffe.

Fokus der Projekte innerhalb des Schwerpunktprogramms

Um einen echten Wechsel der Paradigmen für Kreislauffähigkeit von FVK zu erreichen, verfolgt das geplante SPP „Neue recyclinggerechte Verbundwerkstoffe“ anspruchsvolle Ziele. So sollen alternative FVK entwickelt werden, die kreislauffähig / recyclebar sind und dabei mindestens einen, idealerweise mehrere Werkstoffkreisläufe mit Erhalt der Produkt- bzw. Leistungsfähigkeit ermöglichen. Grundsätzlich ist eine möglichst hohe Werterhaltung im Kreislaufprozess zu garantieren. Die Zielperformance soll dabei mindestens 80 % ausgewählter mechanischer Benchmark-Eigenschaften (z.B. spezifischer E-Modul / Festigkeit / Ermüdung, …) nach dem ersten Kreislauf sein. Weiterhin müssen die technischen oder mechanischen Eigenschaften der neuen FVK im Ausgangszustand dem heutigen industriellen Standard entsprechen. Referenz ist hierbei entweder endlos- oder kurzfaserverstärktes GFK. Darüber hinaus muss eine qualitative und idealerweise quantitative Betrachtung (ggf. bis hin zu einer LCA) der ökologischen Nachhaltigkeit im Sinne der Entfossilierung und des Energie- und Ressourcenverbrauchs gegenüber Benchmark sichergestellt sein, z.B. durch biobasierte Grundmaterialien / Ressourcen, recycelter petro-chemischer Kohlenstoff oder Mehrfachverwendung von Verstärkungskomponenten. In den Forschungsanträgen muss zudem plausibel dargelegt werden mit welchen Konzepten und Methoden ausgehend vom Stand der Technik die Zielgröße(n) (80 %) erreicht werden soll.

Die mögliche Forschung gliedert sich in Ansätze, die jeweils Lösungen für Kreislauffähigkeit auf unterschiedlichen Ebenen suchen. In allen Bereichen sind biobasierte, kreislauffähige Materialkomponenten für Verstärkungs- als auch Matrixwerkstoffe begrüßenswert.

1. Im Bereich „Lösbare Matrixmaterialien“ sollen Fasern und Matrix des FVK voneinander getrennt und jeweils wieder in den Materialkreislauf zurückgeführt werden. Ziel ist es dabei neben der Matrix auch die Qualität und Verwendbarkeit der Fasern sowie ggf. auch der Matrix zu erhalten. Bei Endlosfasern sollten diese also ebenfalls als Endlosfasern wieder verwendet werden können.

2. Auf der Ebene „Entfertigbare FVK” soll der schichtweise Aufbau der FVK genutzt werden, um die einzelnen Faserlagen voneinander zu lösen. Fasern und Matrix bleiben in der Schicht miteinander verbunden und ermöglichen so die direkte Verarbeitung zu neuen FVK-Bauteilen. Dieser Lösungsansatz kann auf alle FVK mit Polymermatrix angewendet werden. Neben den dafür geeigneten Matrixmaterialien müssen auch die jeweiligen Technologien zum Auftrennen der Lagen und für das spätere erneute Zusammenführen und Verbinden der Einzellagen zum FVK entwickelt werden.

3. Im Bereich „Selbstverstärkte FVK“ soll eine direkte Wiederverwendung z.B. Umformung oder Aufschmelzen des sortenreinen FVK erfolgen, da Fasern und Matrix aus demselben Polymer, derselben Polymergruppe oder sehr gut kompatiblen Materialien bestehen. Hier müssen neben der Materialentwicklung auch Konzepte entwickelt werden, wie die Weiterverarbeitung im Kreislauf, der zwar sortenreinen, aber heterogenen Kunststoffe erfolgen kann, um wieder FVK mit entsprechend guten Eigenschaft zu erhalten.

Das SPP 2528 fokussiert primär auf werkstoff- bzw. kunststofftechnische Fragestellungen oder Ansätze zur Schaffung und Untersuchung neuer, recyclinggerechter, kunststoffbasierter Verbundwerkstoffe. Dies bedeutet auch, dass eine Abgrenzung der zu fördernden Ansätze nötig ist. Nicht im Fokus des SPP stehen:

  • Hybride Werkstoffverbunde, wie z.B. Faser-Metall-Laminate oder extrinsisch gefügte Werkstoffsysteme sowie Metall- oder keramikbasierte Verbundwerkstoffe (MMC bzw. CMC).
  • Das Recycling unverstärkter Kunststoffe oder von Kunststoffabfällen bzw. heute existierender Altlasten.
  • Das ausschließliche Downcycling, die Kompostierung oder die thermische / rohstoffliche Verwertung sowie die reine chemische- oder verfahrenstechnische Prozessentwicklungen - insbesondere mit vollständiger Materialdegradierung hin zu niedermolekularen Substanzen oder Grundchemikalien. Je nach betrachtetem Werkstoffsystem können zwar chemische Vorgänge beim werkstofflichen Recycling eine Rolle spielen, jedoch sollen die verfolgten Ansätze auf einer werkstofflichen Ebene betrachtet werden.
  • Die Entwicklung neuer Polymerwerkstoffe ausgehend von Forschungsansätzen im Bereich der makromolekularen Chemie. Arbeiten sollen sich ausgehend vom Stand der Forschung auf im Wesentlichen bekannte Werkstoffsysteme konzentrieren.
  • Eine ausschließliche Bewertung der gebrauchseinschränkenden Verschlechterung (z.B. Alterung) ohne die Entwicklung eines diesbezüglichen Lösungsansatzes zur Ressourcenschonung oder die rein modellhafte Betrachtung der Werkstoffeigenschaften ohne eine experimentelle Validierung.
  • Eine ausschließliche theoretische Betrachtung durch eine LCA oder Ansätze, die lediglich durch eine Reduktion des Energieverbrauches im Processing den Betrag zur Ressourcenschonung verbessern, ohne werkstofftechnische Lösungsansätze zu verfolgen. Im Sinne der Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit spielen selbstverständlich zahlreiche Faktoren eine Rolle, die z.B. über eine LCA mitbetrachtet werden können. Das gilt auch für andere Konzepte der Circular Economy abseits des werkstofflichen Recyclings - namentlich vor allem Reuse, Refurbishing, Sharing, Rent oder sonstige, nicht-werkstoffbasierten Prinzipien. Die werkstofflichen Aspekte von „Repair” können ggf. in einzelnen Arbeitspakten als Teilaspekt berücksichtigt werden.

Am 13. Juni 2025 findet ein Online-Rundgespräch statt, um die Kohärenz des Schwerpunktprogramms zu verbessern. Bei diesem Treffen können auch (bilateral) mögliche Kooperationen oder gemeinsame Vorschläge diskutiert werden. Bei Interesse wenden Sie sich bitte vorab an den Koordinator des Schwerpunktprogramms (spp2528@tuhh.de).

Hinweise zur Antragsstellung

Die Anträge müssen in englischer Sprache verfasst sein und bis zum 29. Oktober 2025 bei der DFG eingereicht werden. Bitte beachten Sie, dass Anträge nur über Elan, das elektronische Antragsbearbeitungssystem der DFG, eingereicht werden können. Weitere Hinweise hierzu entnehmen Sie bitte der Ausschreibung auf DFG Website.

Die Vorschläge werden im Rahmen eines Kolloquiums an der TU Hamburg mit Vorträgen bewertet, das derzeit für Februar 2026 geplant ist. Das Datum und der Ort des Kolloquiums sowie alle weiteren relevanten Aktualisierungen werden zu gegebener Zeit veröffentlicht.

 

Weitere Informationen

Das elan-System kann unter folgender Adresse aufgerufen werden:
https://elan.dfg.de/en/

Die DFG-Vordrucke 50.05 und 54.01 können heruntergeladen werden unter:
www.dfg.de/formulare/50_05/
www.dfg.de/formulare/54_01/

Kontakt

Für wissenschaftliche Anfragen wenden Sie sich bitte an den Koordinator des Schwerpunktprogramms:

Professor Dr.-Ing. Bodo Fiedler
Technische Universität Hamburg
Institut für Kunststoffe und Verbundwerkstoffe
Denickestraße 15
21073 Hamburg
Tel.: +49 (0)40 42878 3238
E-Mail: spp2528@tuhh.de

 

Fragen zum Antragsverfahren der DFG können an folgende Adresse gerichtet werden:

Kontakt zum Programm:
Dr.-Ing. Tobias Standau, phone +49 228 885-3257,

Kontakt zur Verwaltung:
Christoph Dahlmeier, phone +49 228 885-3259,